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Die Berliner Polizei kämpf mit ihrer Personalnot. Die Gewerkschaft der Polizei nimmt nun die Politik in die Pflicht und fordert die Schaffung tausender neuer Stellen.

© dpa

Hilferuf der Gewerkschaft der Polizei: Aufklärungsquote der Polizei drastisch gesunken

Hohe Arbeitsbelastung, sinkende Aufklärungsquote: Die Gewerkschaft der Polizei appelliert nun an Rot-Rot-Grün, mehr Personal und Geld bereitzustellen.

Die Belastung steigt, die Aufklärungsquote sinkt. Die Berliner Polizei steht vor massiven Problemen. Mit Spannung wird im Präsidium erwartet, wie die künftige rot-rot-grüne Koalition reagieren wird. Am Freitag teilte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) mit, dass die Aufklärungsquote im ersten Halbjahr auf 42 Prozent gesunken ist. Dies ist der schlechteste Wert seit Langem. Zwischen 2000 und 2009 pendelte der Wert recht konstant bei um die 50 Prozent, seitdem ging es bergab, doch noch nie so drastisch wie im ersten Halbjahr 2016. Im ersten Quartal lag die Quote noch bei 43 Prozent, im zweiten Quartal bei 41 Prozent. Das hat zwei Gründe: Die Zahl der Taschen- und Trickdiebstähle explodiert – nur vier Prozent der Fälle werden aufgeklärt. Zudem sinkt wegen der Arbeitsbelastung die Zahl der Kontrollen, so werden zum Beispiel weniger Drogendealer erwischt.

Die Ehefrau eines Hundertschaftsbeamten hat jetzt in einem offenen Brief an Polizeipräsident Klaus Kandt gefordert, dass sich an den Arbeitsbedingungen für Polizisten etwas ändern muss. „Mein Mann arbeitet durch die Unterbesetzung pausenlos durch“, sagte die Frau am Donnerstag im Interview mit dem „Berliner Rundfunk“. Sie berichtet, dass bei ihrem Mann der „Rekord bei sieben Wochen am Stück, ohne auch nur einen freien Tag“ liegt. Oft würden freie Tage im letzten Moment wieder gekippt, weil zusätzliche Arbeit angeordnet wird. „Private Schwierigkeiten infolge unklarer Arbeitszeiten sind heute für viele Kollegen traurige Realität“, schrieb die Frau an Kandt.

Erst in der vergangenen Woche fiel wieder unerwartet Mehrarbeit an: Für den mit nur drei Tagen Vorlauf angekündigten Besuch des russischen Präsidenten Putin waren mehr als 1000 Polizisten im Einsatz – wie bei jedem Besuch eines gefährdeten Staatsgastes.

GdP fordert Einstellung von 3000 neuen Polizisten

Kandts Sprecher Winfrid Wenzel sagte, dass die Ehefrau am Donnerstag eine Einladung zu einem Gespräch mit dem Präsidenten erhalten habe. Eine Erörterung des Themas sei im Interesse der Polizei, hieß es im Präsidium – vermutlich, damit auch die bisherigen Oppositionsparteien Grüne und Linke mitbekommen, wie unterbesetzt und schlecht bezahlt die Polizei ist. Die Gewerkschaft spricht es aus: „Alle Parteien haben mit der inneren Sicherheit Wahlkampf betrieben. Jetzt sollten sie Wort halten und die Polizei personell und finanziell deutlich aufstocken“, sagte die Berliner GdP-Chefin Kerstin Philipp. Und weiter: „Jeder hat mittlerweile erkannt, dass wir zu wenig Polizei auf der Straße haben und die Personalstärke nicht für das ganze Aufgabenpensum ausreicht.“

Wie in der vergangenen Woche berichtet, fordert die GdP die Einstellung von 3000 neuen Polizisten. Denn mehr Polizisten als bislang bekannt quittieren den Dienst vorzeitig. Im vergangenen Jahr schieden nach Angaben der Innenverwaltung 698 Polizisten aus dem Dienst, davon nur 278 planmäßig aufgrund bestehender Altersgrenzen, 420 jedoch außerplanmäßig. Viele davon wechselten zu anderen Behörden, wo die Arbeit kalkulierbarer und besser bezahlt ist. Laut Präsidium ist die Belastung gerade an Wochenenden hoch, durch Fußballspiele und Demonstrationen. Allerdings liege die Zahl der Überstunden seit Jahren recht konstant bei einer Million. Was erst einmal nach viel klingt, umgerechnet auf die 17 000 Beamten entfallen damit aber auf jeden nur knapp 60 Überstunden.

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