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Berlin: Im Block 40 fing alles an

Vor 50 Jahren arbeitete Günter Mentzel als Maurerlehrling in der Stalinallee – jetzt erzählte er dem Schüler Oskar Mohr, wie der Streik organisiert wurde

Block40. Dort hat Günter Mentzel im Sommer 1953 als 17jähriger Lehrling gearbeitet. „Wo ist denn dieser Block 40?“, will Oskar Mohr wissen. Die Baustelle befand sich im Weidenweg, nicht mehr auf der Stalinallee. „Die“, erklärte Günter Mentzel „war nämlich schon fertig, und die Leute waren schon eingezogen. Das Einzige, was noch im Bau war, war die Sporthalle gegenüber des Stalindenkmals.“ Wer da wohnte, dass weiß der gelernte Maurermeister noch ganz genau:„Die Bonbonträger, die Parteifreunde, die Privilegierten.“ Oskar schreibt mit. Vor einigen Wochen hat der Sechzehnjährige seine Lehrerin gefragt, ob er für den Geschichtsunterricht nicht auch mal „etwas anderes“ machen könnte. Da hat Judith Koch vom Bertha-von-Suttner-Gymnasium in Reinickendorf ihm den Wettbewerb zum 17. Juni vorgelegt. Jetzt bereitet er einen Bericht aus Interviews mit Zeitzeugen und eigenen Überlegungen vor.

Günter Mentzel erinnert sich an die letzten Tage vor dem Aufstand. „Im Mai haben wir von der Normerhöhung gehört. Wir waren direkt betroffen und damit nicht einverstanden.“ Mit seinen Kollegen geht Mentzel zur Gewerkschaft und zum Betriebsrat und beschwert sich. Ohne Erfolg. „Wir haben dann mit den Kollegen geredet und mit dem Krankenhaus in Friedrichshain. Dann haben wir beschlossen, am 15. Juni zu streiken.“ Am ersten Streiktag geht Günter Mentzel von Bau zu Bau, überredet andere Arbeiter, sich dem Ausstand anzuschließen. Über Mundpropaganda wird für den 16. Juni der Treffpunkt Strausberger Platz ausgemacht.

Oskar hat das Gespräch mit dem 67-Jährigen gefallen. „Geschichte im Fernsehen ist immer etwas fern. Das hier ist etwas ganz anderes.“ Und es gibt Details, die er sonst nicht hören würde. Nach dem Aufstand ging für Günter Mentzel nämlich alles ganz normal weiter, davon abgesehen, dass ihm zusätzliche sechs Monate Lehre aufgebrummt wurden. Aber als er ausgelernt hatte, stellte ihn niemand ein. Das lag daran, das in seinem Arbeitsbuch „Block 40“ vermerkt war. Und die Jungs vom Block 40 hatten den Streik damals angefangen. Günter Mentzel flüchtete schließlich nach Westdeutschland. Alles hat er aufbewahrt: Meisterzeugnis, Lebensmittelmarken, Facharbeiterzeugnis, seine Freisprechung – und das Arbeitsbuch mit dem Vermerk „Block 40“. Selbst nach zwei Stunden Gespräch hätte Oskar noch Fragen. Die kann er dann noch am 16. Juni stellen, wenn sich beide im Roten Rathaus zum Festakt treffen. Oskar als Mitwirkender und Günter Mentzel als Ehrengast. cof

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