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Gropiusstadt: Investieren in gute Nachbarschaft

Die südliche Gropiusstadt wird aufwendig saniert – und soll vor allem für junge Familien attraktiver werden.

Sabine (37) und Jörg Tißler (39) stehen in ihrer frisch sanierten 95 Quadratmeter großen Neubauwohnung im Feuchtwangerweg in Gropiusstadt. Die beiden Töchter Jamie (9) und Joyce (12) lümmeln sich auf dem Sofa. Die große Tochter, Justine (15), ist noch in der Schule. Die dreieinhalb Zimmer sind zwar klein, aber hell. Das Bad ist weiß gefließt und der Blick aus dem Wohnzimmerfenster fällt auf satte Grünflächen. Die Wohnung der Tißlers gilt als Musterwohnung für das sanierte Wohngebiet in der südlichen Gropiusstadt, das die Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer gestern besuchte.

Mehr als 65 Millionen Euro wird die landeseigene Wohnungsgesellschaft Degewo bis 2013 investieren. Das Stadtgebiet in Neukölln, das vom berühmten Bauhaus-Architekten Walter Gropius geplant und von 1962 bis 1975 gebaut wurde, wird laut Degewo-Vorstandsmitglied Frank Bielka „ein modernes Gesicht“ erhalten und soll „ein Anziehungspunkt für Familien werden“. Bei einer Kieztour durch das Gebiet rund um den U-Bahnhof Wutzkyallee informierte sich die Senatorin Junge-Reyer (SPD), was die Degewo in der Trabantenstadt plant. Sechs Wohnanlagen mit 1244 Wohnungen werden modernisiert.

Mit der Sanierung soll das Viertel, wo es in den vergangenen Jahren einige Probleme mit sozialer Verwahrlosung, Jugendkriminalität und Vandalismus gab, wieder aufgewertet werden. Die Leerstandsquote ist nach Angaben der Degewo inzwischen wieder gesunken und liegt bei knapp vier Prozent. „Wir wollen in den Stadtteilen Einfluss nehmen. Uns geht es vor allem um die eigene Gestaltung von Nachbarschaft“, sagte Senatorin Junge-Reyer. Zudem sollen neue Mieter, vor allem junge Familien, gewonnen werden. „Für Menschen, die zukünftig am Großflughafen BBI beschäftigt sind, liegt der Kiez sehr gut“, so Junge-Reyer.

Neben der Modernisierung der Wohnungen sollen auch die Grünanlagen neu gestaltet werden. Nun endlich sollen die nie verwirklichten Originalpläne aus den Jahren 1965 umgesetzt werden; entstehen wird eine Parklandschaft mit Spielplätzen und Ruhebereichen. Die Plätze sollen Kinder und Senioren gemeinsam nutzen. „Die alten Menschen sollen nicht aus dem Fenster auf die Kinder runterschimpfen, sondern selbst eine Ecke haben, in der sie sitzen können“, erklärte Junge-Reyer das generationenübergreifende Wohnkonzept.

Im Feuchtwangergebiet, in dem Familie Tißler mit ihren drei Töchtern wohnt, ist die Sanierung teilweise schon abgeschlossen. Die Innenhöfe sind weitläufig und sehr grün, die Lampen und Bänke sind neu und neben den Hauseingängen stehen kleine Garagen, die man als Abstellplatz für Kinderwagen mieten kann. Das Haus der Tißlers im Feuchtwangerweg hat einen weißen Anstrich erhalten. Zudem sind die Fassaden energetisch gedämmt worden. Durch die aufwendige Sanierung ist die Bruttowarmmiete allerdings um mehr als 30 Prozent gestiegen – von 4, 20 Euro auf 5, 60 Euro pro Quadratmeter. Andererseits werden monatlich zehn Euro für Warmwasser und Heizung gespart. Trotzdem war das zu viel für einige Mieter. Vor allem Alleinstehende zogen weg. Auch für Familie Tißler war die Mieterhöhung zunächst einmal ein Schock. „Das ist es uns aber wert. Die Wohnung wurde durch die Sanierung extrem aufgewertet“, erklärt Mutter Sabine. Die fünfköpfige Familie wohnt schon immer in Gropiusstadt – Jörg Tißler wurde schon hier geboren – und kann sich auch kein anderes Wohngebiet vorstellen. „Wir haben hier doch alles“, sagt Sabine Tißler.

Nadine Kuhn

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