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Schieflage in Berlin: Jedenfalls wenn man dem Bundesrechnungshof Glauben schenkt - er prangert eine Verschwendung in Millionenhöhe an.

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Jahresbericht des Rechnungshofes: Berlin ist arm, sexy - und verschwendet Millionen

Berlin mag sexy sein, vor allem aber ist es arm - und spart wohl nicht an den richtigen Stellen. Dies sieht man zumindest beim Rechnungshof so. In seinem aktuellen Bericht bemängelt er vor allem zu viel Staatssekretäre bei den Senatoren.

Nach Auswertung des Haushalts für 2011 hat die Stadt laut Rechnungshof mindestens 33 Millionen Euro verschwendet – obwohl Berlin hoch verschuldet ist. Am Montag stellte Rechnungshof-Präsidentin Marion Claßen-Beblo ihren Bericht vor. Die Behörde prüft stichprobenartig, einen Gesamtüberblick erstellt sie nicht. Auch weisungsbefugt ist der Rechnungshof nicht. Ein Überblick über die wichtigsten Kritikpunkte:

Senat

Der SPD-CDU-Senat regiert mit 23 Staatssekretären, vier mehr als unter Rot-Rot. Dies ist unter den Bundesländern die höchste Zahl. Hamburg hat 15 Staatssekretäre – allerdings sitzen dort elf Senatoren in der Landesregierung, in Berlin neun. Und Senatoren bekommen zuweilen fast doppelt so hohe Bezüge wie Staatssekretäre. Dem Rechnungshof zufolge könnte Berlin auf bis zu zehn Staatssekretäre verzichten. Dazu könnten demnach 79 Stellen in den Senatsverwaltungen wegfallen. Insgesamt würde das Land so fünf Millionen Euro im Jahr sparen.

Der Senat leiste sich eine „derart große Menge an Staatssekretären“, sagte Linken-Fraktionschef Udo Wolf, weil beide Großparteien „viele Leute zu versorgen“ hätten. Der Bund der Steuerzahler kritisierte, es könne „nicht angehen, dass es immer mehr Staatssekretärs- und Leitungsposten gibt, während die Verwaltung eine hundsmiserable Dienstleistung abliefert“. Zuletzt war über vielerorts überforderte Ämter diskutiert worden. Senatssprecher Richard Meng entgegnete, man habe mehr Aufgaben zu bewältigen: So sei etwa die Bedeutung des Verbraucherschutzes gestiegen, wofür man einen Staatssekretär eingesetzt habe.

Rechnungshof-Präsidentin Marion Claßen-Beblo.
Rechnungshof-Präsidentin Marion Claßen-Beblo.

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Verwaltung

Claßen-Beblo sieht weiteres Sparpotenzial im öffentlichen Dienst. Für das Kindergeld der Landesbeschäftigten sind vier Familienkassen zuständig. Noch betreut ein Kassenmitarbeiter rund 1000 Kindergeldfälle. Sollte die Arbeit aus Sicht des Rechnungshofes so effizient werden wie im Bundesschnitt (rund 1600 Fälle pro Beschäftigten), könnten Stellen und somit rund 800 000 Euro jährlich gespart werden.

Auch bei den Staatsanwaltschaften und am Amtsgericht Tiergarten arbeiten laut Rechnungshof zu viele Menschen, vor allem im Schreibdienst. Insgesamt könnten sechs Millionen Euro im Jahr gespart werden, wenn rund 150 von 500 untersuchten Stellen wegfielen. Das dürfte viele in der Justiz ärgern, seit Jahren klagen Berufsverbände und Anwälte über lange Bearbeitungszeiten, die durch Stellenabbau nicht kürzer werden dürften.

Der Rechnungshof forderte zudem bessere Kontrollen, ob bezahlte Leistungen erbracht werden – etwa ob die S-Bahn ausreichend Züge und die Kitas mehr Personal einsetzen. Kritisch sehen die Prüfer die Gehälter bei der landeseigenen Investitionsbank. Die Bezüge seien höher als in größeren Landesunternehmen.

Bauprojekte

Als Beispiel für verschwendete Baugelder führt der Rechnungshof die Tramstrecke vom Alexanderplatz zum Kulturforum an. Dafür seien schon 2000 für 1,85 Millionen Euro Gleise verbaut worden – ohne dass sie bis heute an das Schienennetz angeschlossen wären. Und obwohl der Senat an der Tram festhalte, habe er daran mitgewirkt, dass 2010 in dem für die Straßenbahn vorgesehenen Mittelstreifen am Potsdamer Platz der „Boulevard der Stars“ errichtet worden sei. So könne es die Tram aber nicht mehr geben. Ins Visier der Prüfer geriet auch die Charité. Noch sei bei deren Sanierung nicht unmittelbar Geld verschwendet worden, sagte Claßen-Beblo. Die Klinik habe aber den Umbau des Bettenturmes „schön gerechnet“. Dafür hatte das Abgeordnetenhaus 185 Millionen Euro genehmigt. Auch weil andere Häuser abgerissen werden mussten, wird das Vorhaben aber 41 Millionen Euro mehr kosten. Das hätte laut Rechnungshof zuvor dargelegt werden müssen. Mehr als 1,5 Millionen Euro seien außerdem in die erfolglose Sanierung des Rathauses Zehlendorf gesteckt worden. Auch wegen der Pannen am BER fordern die Grünen ein „funktionierendes Baukosten-Controlling“. Der Rechnungshof hatte für 2010 noch Ausgaben von 90 Millionen Euro als überflüssig kritisiert..

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