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Kleinwindanlagen: Jede Brise zählt

Was bringt die Energieerzeugung mit Kleinwindanlagen auf Häusern? Ein jetzt anlaufendes Forschungsprojekt testet das.

Don Quichotte hat gegen Windmühlen gekämpft, Jochen Twele kämpft dafür. Seinetwegen sollen schon bald welche auf den Dächern Berlins rotieren und die Energie des Windes in Strom umwandeln. Dazu hat der seit vielen Jahren auf das Thema spezialisierte Professor von der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) gerade 380 000 Euro für ein Forschungsprojekt bewilligt bekommen, mit dem das Potenzial dieser „Kleinwindanlagen“ in Berlin untersucht werden soll.

„Das bisherige Meinungsbild zu diesem Thema reicht von ,totaler Quatsch‘ bis ,tolle Sache‘“, sagt Twele. „Irgendwo dazwischen wird die Wahrheit liegen.“ Wo genau, soll in den nächsten zweieinhalb Jahren geklärt werden. An fünf verschiedenen städtischen Standorten sollen dann die jeweiligen Windverhältnisse studiert und die Luftströme um die Dächer untersucht werden. Besonders interessant wird die Frage, welche Lasten auf die Dächer wirken. „Die Anlagen sollten natürlich so groß wie möglich sein, aber eben auch so klein wie nötig“, sagt Jochen Twele. In England habe sich bei Versuchen mit 5-Kilowatt-Anlagen herausgestellt, dass nur wenige Dächer dafür infrage kommen. In Berlin wolle man erstmal mit Ein-Kilowatt-Windrädern experimentieren. 1000 Watt – das reicht knapp, um einen Staubsauger zu betreiben. Die bisher einzige Anlage dieser Art in Berlin steht auf dem Lise-Meitner-Oberstufenzentrum in Neukölln und leistet maximal 300 Watt.

Die Versuchsanlagen, deren Kauf laut Twele den Großteil des Budgets verschlingen wird, sind etwa zwei Meter hoch und ebenso groß im Durchmesser. „Wir machen keinen Technik-Vergleichstest“, sagt der Professor. Nach heutigem Wissensstand seien Anlagen mit senkrechten Achsen wohl geeigneter als die geschrumpfte Version der klassischen Windräder auf dem platten Land. Bei dem Prototyp auf dem Dach der Lise-Meitner-Schule in Neukölln rotieren drei senkrecht stehende, an Metallarmen befestigte Blätter um die vertikale Achse.

Für das Forschungsprojekt sind eine Wissenschaftlerstelle und die Mitarbeit zweier Studenten eingeplant. Außerdem sind Juristen beteiligt: Die im Umweltbereich renommierte Kanzlei GGSC prüfe den groben Rechtsrahmen, weil es beispielsweise fürs Baugenehmigungsverfahren bisher keine Norm gebe, sagt Twele. Zudem werde ein Leitfaden für künftige Betreiber erarbeitet, der sich mit Fragen nach Schall, Schattenwurf und Versicherung befasst.

Die Auswahl der fünf Untersuchungsorte treibt Twele jetzt schon um – und wird wohl auch vom guten Willen der Bezirksämter abhängen, die sich bei der Genehmigung zwangsläufig auf unbekanntem Terrain bewegen. Notfalls hofft Twele auf die Unterstützung von Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke). Zumal das Land die Hälfte des Geldes beisteuert. Die anderen 190 000 Euro kommen aus dem EU-Regionalfonds EFRE.

Im besten Fall steht am Ende des Forschungsprojekts nicht nur eine prinzipielle Empfehlung – beispielsweise für die exponierten Dächer von Hochhäusern –, sondern auch eine Windkarte für Berlin. Vorbild dafür könnte der kürzlich vorgestellte Solaratlas sein, der die geeigneten Flächen für Sonnenkollektoren präsentiert. Das Rennen zwischen Wind und Sonne ist eröffnet.

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