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Berlin: „Kirsten wäre stolz darauf“

Heinz Buschkowsky will der Jugendrichterin Heisig ein Denkmal setzen Doch der Vorschlag des Bürgermeisters kommt nicht überall gut an

Von Sandra Dassler

Der Vorschlag, nach der engagierten Jugendrichterin Kirsten Heisig eine Straße oder einen Platz zu benennen, stößt in Berlin auf Für und Wider. Der Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) hatte dies wie berichtet angeregt, um Heisig auf diese Weise „ein Denkmal zu setzen“. Die 48-Jährige hatte sich vor einem Jahr das Leben genommen.

Berlins Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) lehnt den Vorschlag ab. Dem Tagesspiegel sagte sie: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Frau Heisig für sich ein Denkmal gewünscht hätte. Obwohl sie die Initiatorin des Neuköllner Modells war, hat sie die Entwicklung und das Vorantreiben dieses Modells nicht für sich allein reklamiert. Sie hat im Gegenteil betont, dass der Erfolg dieses Modells auf dem Zusammenwirken aller Verfahrensbeteiligten beruht."

Das von Kirsten Heisig und Oberstaatsanwalt Rudolf Hausmann entwickelte Neuköllner Modell dient der schnelleren Bestrafung bei Taten, die mit maximal vier Wochen Arrest geahndet werden. Es soll vor allem verhindern, dass Jugendliche nach ersten kriminellen Taten vermeintlich straffrei ausgehen, weil es monatelang dauert, bis sie vor dem Richter stehen. Heisig hatte lange um die Durchsetzung des Modells gekämpft, das nur funktionieren kann, wenn alle beteiligten Behörden mitziehen.

Heisigs Auffassung, dass zu viel Nachsicht und Milde mit jugendlichen Straftätern diesen nicht nutzt, sondern im Gegenteil erst kriminelle Karrieren verfestigt, wurde nicht von all ihren Kollegen geteilt. Inzwischen aber gibt es – so der Berliner Jugendrichter Stephan Kuperion – große Zustimmung, was die Notwendigkeit und den Erfolg der beschleunigten Verfahren anbelangt.

Allerdings ist auch Stephan Kuperion, der ein guter Freund und Kollege von Kirsten Heisig war, in Sachen „Denkmal“ eher skeptisch. „Ich glaube nicht, dass es in Kirstens Sinne wäre, eine Straße oder einen Platz nach ihr zu benennen“, sagt er. „Viel wichtiger ist doch, dass ihre Arbeit weitergeführt wird.“

Zwar denkt auch der türkischstämmige Psychologe Kazim Erdogan, dass die Jugendrichterin selbst eine solche Ehrung wohl abgelehnt hätte. „Ich bin aber dennoch der Meinung, dass man eine Straße nach ihr benennen sollte“, sagt der Initiator zahlreicher Integrationsprojekte in Neukölln. „Es wäre gut, weil sich die Menschen auch in vielen Jahren noch an sie erinnern würden“, meint Erdogan, „allein schon dadurch, dass sie fragen, wer diese Frau war.“

Für den Psychologen, der die erste türkische Vätergruppe gegründet hat, besteht der große Verdienst Kirsten Heisigs nicht so sehr im Neuköllner Modell, sondern darin, dass sie zu den Menschen ging. „Sie redete mit ihnen, egal woher sie kamen. Machte ihnen klar, dass ihre Kinder Bildung und Erziehung brauchen, damit sie nicht im Gefängnis landen“, sagt Kazim Erdogan: „Es wäre schön, wenn es eine Kirsten–Heisig-Straße geben würde, sobald das möglich ist.“

Möglich wäre eine Straßenbenennung nach dem Berliner Straßengesetz ohnehin erst ab dem Jahr 2015, wenn sich der Todestag Kirsten Heisigs zum fünften Mal jährt. Der Bernauer Jugendrichter Andreas Müller, der seine Berliner Kollegin sehr gut kannte, ist sogar der Ansicht: „Ich glaube, dass Kirsten doch ein wenig stolz darauf gewesen wäre, wenn ihre Arbeit auf diese Weise anerkannt würde. Und eben nicht in Vergessenheit gerät.“ Sandra Dassler

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