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Die Behausung ist mobil, die Bewohner nicht. Die Wagenburgler wollen bleiben, und sie werden von der linken Szene massiv unterstützt. Bei Räumung gäbe es Randale. Foto: Wolff

© Mike Wolff

Berlin: „Köpi“-Wagenburg zwangsversteigert

Neuer Eigentümer hat Sonderkündigungsrecht. Linke Szene will Grundstück nicht freiwillig räumen.

Der jahrzehntealte Streit um das linke Szeneobjekt „Köpi“ geht in eine neue Runde. Am Donnerstag wurde vor dem Amtsgericht Mitte auf Antrag der Commerzbank ein Grundstück neben der Köpi versteigert. Dort leben seit vielen Jahren einige Menschen in Bauwagen, Hütten und Lastwagen. Den Zuschlag für 405 000 Euro erhielt eine Tochterfirma des bisherigen Eigentümers. Geklärt an der verworrenen Lage hat sich dadurch nichts. Die Vertreter der Köpi betonten, dass sie den Wagenplatz nicht räumen werden. Rechtsanwalt Friedrich Spek, der im Auftrag einer GmbH die 405 000 Euro geboten hatte, sagte nach dem Termin im Amtsgericht dagegen, dass man auf einen angeblich vor Jahren geschlossenen Vertrag setze, in dem die Wagenburgler ein Verlassen des Grundstücks zugesagt haben. Vertreter der Köpi bestritten die Existenz eines solchen Vertrages.

Spek wollte eine sogenannte Sonderkündigung nach dem Zwangsversteigerungsrecht nicht ausschließen. Nach dem Zwangsversteigerungsgesetz ist der Erwerber berechtigt, ein Mietverhältnis sofort zu kündigen. Dennoch betonte der Rechtsanwalt, dass man „nicht auf Krawall aus“ sei. „Eine Kündigung ist noch keine Räumung, sagte Spek. Ulrich Kerner, der Anwalt der Wagenburg, erwartet in absehbarer Zeit keine Veränderung der Lage durch diese Zwangsversteigerung, die nur ein Viertel des Köpi-Grundstücks betraf.

Sollte der Investor irgendwann eine Räumung der Wagenburg beantragen, würde die Polizei vor einem gigantischen Einsatz stehen. Die Verankerung in der linken und linksextremistischen Szene ist ähnlich groß wie bei der Liebigstraße. Als die „Liebig 14“ vor zwei Jahren geräumt wurde, waren 2500 Polizisten im Einsatz, Randalierer verursachten in der Nacht nach der Räumung einen Sachschaden in Millionenhöhe.

Am Donnerstag sicherten 300 Polizisten das Amtsgericht in Mitte, die Littenstraße war abgeriegelt. Etwa 100 Sympathisanten demonstrierten unter dem Motto „Maximaler Ärger für keinen Gewinn“ für die Erhaltung der Wagenburg. Fünf Aktivisten protestierten im Gerichtssaal, sie warfen Konfetti mit dem Aufdruck „Köpi bleibt Risikokapital“ und skandierten „Wer die Köpi kauft, kauft schlaflose Nächte“.

Tatsächlich hat die Köpi schon mehrere Zwangsversteigerungen überstanden – auch mit Hilfe von Drohungen wie die mit dem „Risikokapital“. In den 90er Jahren war eine Immobilienfirma durch das Projekt pleitegegangen, seitdem versucht die Commerzbank mit Zwangsversteigerungen an ihr Geld zu kommen. Die Bewohner des verwahrlost wirkenden Altbaus hatten 2008 Mietverträge über 30 Jahre abgeschlossen. Rechtsanwalt Spek sagte, dass die Firma bei der Versteigerung geboten habe, damit alle vier Parzellen in einer Hand bleiben. Die in Nordrhein-Westfalen ansässige GmbH plane einen größeren Neubaukomplex. Nähere Angaben machte Spek nicht.  Neben Spek gab es gestern nur einen Bieter, der bei 400 000 Euro ausgestiegen war. Auch er wollte ein Wohnhaus errichten.

Die Köpenicker Straße in Mitte ist seit 2011 als „Nördliche Luisenstadt“ ein Sanierungsgebiet, der Senat will dort Millionen in Infrastruktur investieren. Die Bewohner der Köpi befürchten, dass die Köpenicker Straße zu einer „Flanier- und Partymeile“ ausgebaut wird.

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