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Reinhard Burger, Chef des Robert-Koch-Instituts bei einer Pressekonferenz.

© dapd

Update Exklusiv

Charité: Kritik an Krisenmanagement des Robert-Koch-Instituts

Das Berliner Universitätsklinikum Charité hat das Ehec-Krisenmanagement der zuständigen Forscher kritisiert. In Brandenburg ist offenbar ein Mensch an einer Ehec-Infektion gestorben.

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Das Berliner Universitätsklinikum Charité hat die Anstrengungen der Ehec-Forscher zur Bewältigung der Krise kritisiert. Der Ärztliche Direktor der Charité, Ulrich Frei, sagte dem Tagesspiegel, es mache ihn „unruhig“, dass der Ehec-Ausbruch seit Anfang Mai laufe, „wir aber außer den verdächtigen Gurken aus Spanien noch immer keinen Hinweis auf die originäre Erregerquelle haben“. Frei kritisierte in dem Zusammenhang die Arbeit des Berliner Robert-Koch-Instituts (RKI), das als Bundesinstitut für Infektionskrankheiten für die Bekämpfung des aggressiven Darmkeims Ehec zuständig ist. Die Charité habe erst in dieser Woche Fragebögen für die Ehec-Patienten zugeschickt bekommen. „Das reicht nicht. Man hätte die Patienten interviewen sollen.“ Es sei auch nicht erkennbar, was das Robert-Koch-Institut erarbeite. „Wir brauchen eine bessere Informationspolitik für den Bürger.“

Das Robert-Koch-Institut wies auf Anfrage die Vorwürfe zurück. Man habe nach dem Ausbruch von Ehec zügig gehandelt, sagte RKI-Sprecherin Susanne Glasmacher. Auch das Bundesgesundheitsministerium widersprach der Charité. Alle zuständigen Behörden hätten „sehr schnell“ gehandelt und würden „eng verzahnt“ miteinander arbeiten, sagte ein Sprecher. In einem bundesweiten Register wollen Mediziner jetzt erstmals Behandlungsergebnisse von schwer erkrankten Ehec-Patienten zusammenstellen, wie die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie bekannt gab.

Indessen hat der Chefarzt für Hygiene an den Vivantes Kliniken in Berlin in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dapd angemerkt, dass die Behörden die Möglichkeit eines Anschlags in Betracht ziehen sollten.

Die Ehec-Erreger breitet sich unterdessen von Deutschland aus weltweit aus. Insgesamt waren bis Donnerstag 1064 Menschen in zwölf Ländern an Ehec erkrankt. 502 leiden an dem durch Ehec hervorgerufenen, besonders schwer verlaufenden hämolytisch-urämischen Syndrom (Hus), das akutes Nierenversagen verursachen kann. Diese Zahlen gab die Weltgesundheitsorganisation WHO am Freitag bekannt. Neben Deutschland kommen die meisten Fälle aus Schweden, wo bislang 28 Ehec-Infektionen und 15 Hus-Patienten gemeldet wurden. In Schweden kam es auch zum ersten Todesfall außerhalb Deutschlands. Von Infektionen betroffen sind auch Dänemark, die Niederlande, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Tschechien, Norwegen, Österreich, die Schweiz und die USA.

Bei allen Fällen außer einem handelte es sich um Menschen, die aus Norddeutschland stammten oder dort gewesen seien, erklärte die WHO. Bei dem anderen Fall habe der Patient mit einem aus Norddeutschland kommenden Menschen Kontakt gehabt.

Bundesweit werden bisher 19 Todesfälle mit dem Darmkeim in Verbindung gebracht. Am Freitag starb im Potsdamer Ernst-von-Bergmann-Klinikum möglicherweise auch der erste Patient in Brandenburg an den Folgen einer Ehec-Infektion. Der Mann, der Mitte 50 war, litt aber unter schweren Vorerkrankungen, sagte eine Sprecherin des brandenburgischen Gesundheitsministeriums dem Tagesspiegel. Es sei nicht sicher, ob er daran oder an dem durch Ehec ausgelösten Nierenversagen starb.

Obwohl es laut der Kliniken in der Region noch keine Engpässe in der Versorgung mit Blutplasma gibt, hat das Deutsche Rote Kreuz die Bevölkerung vermehrt zu Blutspenden aufgerufen.

Laut Auskunft des RKI wurden bundesweit bis Freitag 1213 Ehec-Fälle und 520 Hus-Fälle übermittelt. In Berlin nahm die Zahl der Erkrankungen zu. In 31 Fällen wurde der Ehec-Erreger nachgewiesen, teilte die Gesundheitsverwaltung mit, sechs mehr als bisher. 16 Hus-Fälle waren registriert. (mit das/dpa/dapd)

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