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Der Regierende Bürgermeister und Parteichef Michael Müller und Fraktionschef Raed Saleh einträchtig auf dem Podium

© dpa/ Klaus-Dietmar Gabbert

Landesparteitag der SPD: Berliner SPD winkt Koalitionsvertrag durch

Für Berlins SPD-Chef Michael Müller gibt es nach seiner Rede auf dem Landesparteitag nur mäßigen Applaus. Dennoch sprechen sich die Delegierten klar für Rot-Rot-Grün aus.

Von Sabine Beikler

Sie sitzen nebeneinander, lachen und spielen verkehrte Rollen: Raed Saleh und Michael Müller. Knapp elf Minuten sprach der Fraktionschef vor 243 Delegierten gestern Abend auf dem SPD-Parteitag im „Hotel Intercontinental“, der Parteichef 42 Minuten. Müller bekam von der Partei einen mäßigen Beifall von gut einer Minute. Es war aber Saleh, der die Rede hielt, die die sozialdemokratische Seele streichelte – und die die Genossen von ihrem Parteichef erwartet hätten.

Am späten Montagabend hat sich die Berliner SPD dann mit 89,5 Prozent für den rot-rot-grünen Koalitionsvertrag ausgesprochen. Von 238 Stimmen votierten 213 Delegierte auf dem Parteitag im Hotel Intercontinental mit Ja. Auf Antrag fand die Abstimmung in geheimer Wahl, nicht wie ursprünglich geplant per Akklamation statt.

Müllers Rede war zuvor defensiv und konzentrierte sich im Wesentlichen auf die Inhalte des Koalitionsvertrages, der nach seinen Worten „sozialdemokratische Handschrift“ trage. Das schlechte Wahlergebnis von 21,6 Prozent für die SPD sei „Mist gewesen“. Richtig sei die selbstkritische Analyse der SPD gewesen. Ein wenig Selbstkritik übte Müller, als er über seine Rolle als Regierender Bürgermeister sprach.

Er müsse in Zukunft eine andere Rolle spielen. „Ein bisschen staatsmännischer, präsidialer auftreten.“ Aber weiterhin wolle er sagen, was ihm wichtig sei. Die Lösung des Flüchtlingsproblems zum Beispiel. Der noch bis Donnerstag amtierende Sozialsenator Mario Czaja (CDU) bekam erneut den Zorn Müllers ab. Dieser sei „nach wie vor unwillig und unfähig“, dieses Problem zu lösen.

Müller verteidigte die Ressortzuschnitte inhaltlich für die SPD

Die SPD hätte in der Vergangenheit mehr ihren sozialen Markenkern in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen können. Aber der Koalitionsvertrag bilde dafür eine gute Voraussetzung. Müller zählte Schwerpunkte des Koalitionsvertrags auf: Investitionen, Schulsanierung, Wohnungsbau, Flüchtlingsunterbringung, innere Sicherheit und öffentlicher Dienst. „Die Berliner können erwarten, dass wir wieder Dienstleister werden.“

Dass es Unmut bei seinen Parteifreunden gebe, die SPD habe Stadtentwicklung als Ressort weggegeben, könne er wahrnehmen. Bei drei Partnern und 21,6 Prozent aber können man „nicht jedes Ressort besetzen“, sagte Müller. „Man muss sich entscheiden zwischen einem gekappten Stadtentwicklungsressort oder einem kompletten Bildungsressort von der Kita bis zur Universität.“

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Müller verteidigte die Ressortzuschnitte inhaltlich für die SPD – Finanzen, Bildung, Innen, Gesundheit und Pflege sowie seinen eigenen künftigen Bereich Wissenschaft und Forschung. Müllers Rede aber fehlte der rote Faden, die Idee für die Stadt. Er sprach zwar von dem rot-rot-grünen Vertrag als „gute Grundlage für einen gemeinsamen Erfolg und ein sozialdemokratisches Profil“, von einem Politikwechsel als Chance. Aber die Genossen hörten immer weniger zu. Uninspiriert, langweilig lauteten Kommentare nach seine Rede. „Wenn das seine Idee von dieser Stadt ist, dass die vier alten SPD-Senatoren auch wieder die neuen sind, dann reicht das nicht“, sagte ein Sozialdemokrat.

„Der Koalitionsvertrag ist mutig, ein Signal und gut für die Stadt“

Saleh trat kämpferischer auf, sprach von Vertrauen, das wiedererlangt werden müsse, von Jugendlichen, die wieder eine Perspektive haben müssten und von einer Spaltung der Gesellschaft, die nicht weiter voranschreiten dürfe. „Der Koalitionsvertrag ist mutig, ein Signal und gut für die Stadt“, sagte Saleh. Da gehe es nicht nur um autofreie Straßen oder Cannabis für alle. „Wir haben die ganze Stadt im Blick.“ Und er wolle auch AfD-Wähler zurückgewinnen. Die nächsten fünf Jahre würden keine leichten Jahre werden. Rot-Rot-Grün in Berlin könne ein Modell für den Bund sein.

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Die Mehrheit der Redner zeigte sich zufrieden mit dem Koalitionsvertrag, viele riefen zum Zusammenhalt innerhalb der Partei auf. Die Parteilinke, die am Wochenende wie berichtet massiv Kritik am Ressortzuschnitt und der Besetzung der Senatsposten übte, hielt sich mit Wortbeiträgen zurück. Doch der Druck auf Müller bleibt bestehen. Am Dienstag will der Parteichef auf einer Sitzung von Landesvorstand und Fraktion sein Personaltableau vorstellen – einschließlich der Staatssekretäre.

Die sozialdemokratischen Frauen erwarten eine Postenbesetzung mit mindestens zur Hälfte Frauen. Am Donnerstag soll der Koalitionsvertrag unterzeichnet werden. Auch die Wiederwahl des Regierenden Bürgermeisters steht an. 92 Stimmen hat Rot-Rot-Grün, 81 Stimmen braucht Müller. Eine sichere Mehrheit, die trügerisch sein kann.

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