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Im Hintergrund. Die Vorsitzenden Beatrix von Storch und Georg Pazderski.

© Jörg Carstensen/dpa

Update

Landesparteitag in Berlin: Die AfD beschließt eine Mäßigung im Ton

Heftige Debatte, zahme Formulierungen: Die Berliner AfD hat ihr Wahlprogramm verabschiedet. Tegel will auch sie offenhalten, die Legalisierung von Cannabis wurde hingegen mit knapper Mehrheit abgelehnt.

Von Ronja Ringelstein

Die Berliner Alternative für Deutschland (AfD) ist bekannt für ihre laute und polarisierende Art – nicht zuletzt durch ihre Landesvorsitzende Beatrix von Storch. Doch bei der Fortführung ihres Parteitages am Sonntag, in dem der Landesverband sein Wahlprogramm für die Abgeordnetenhauswahl im September abgeschlossen hat, wurden letztlich abgeschwächte Formulierungen zu vielen der Themen – oft nach heftiger Diskussion – bevorzugt. Man traute sich im Zusammenhang der Förderungen des Fahrradfahrens nicht einmal das Wort „Volksgesundheit“ mit ins Programm zu schreiben – aus Angst, es könnte als ein nationalsozialistisch konnotiertes Wort für einen Nazi-Vorwurf sorgen.

Dabei wurde immer wieder betont, dass man bitte „laut“ bleiben solle – aber eben nicht im Programm. AfD-Vorstandsbeisitzer Martin Trefzer brachte die Linie der AfD auf den Punkt: „Wir wollen das Wort 'Lügenmedien' nicht in unserem Leitantrag haben“, das könne man auf ein Wahlplakat schreiben, sagte Trefzer, aber das dürfe eben nicht in ein Wahlprogramm. Am Montag nach dem Parteitag meldete sich Martin Trefzer beim Tagesspiegel und sagte, dass er finde, das Wort "Lügenmedien" gehöre auch nicht auf ein Wahlplakat.

Debatte um Formulierungen zum Islam

Der Parteitag, zu dem sich am Sonntag rund 160 Mitglieder im Maritim-Hotel in Tiergarten versammelten, begann damit, dass ein Mitglied Flugblätter auf den Stühlen ausgelegt hatte, auf denen gewarnt wurde: „Der AfD droht die Gefahr der Verfassungswidrigkeit“. Um den Islam wirksam zu bekämpfen, dürfe man „bitte keinesfalls das Wort Islam im Parteiprogramm verwenden, sondern etwa von religiösen Gruppierungen sprechen, aus deren Reihen zehn Mal so viele Terroristen hervorgehen als aus vergleichbaren anderen religiösen Gruppen“.

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Die Begründung lieferte der Verfasser gleich mit: „So geht der Vorwurf der Verfassungswidrigkeit automatisch ins Leere“. Thematisiert wurde die Warnung nicht, doch während der gesamten Veranstaltung, die bis in den späten Nachmittag hinein dauerte, war man auf eher zahme Formulierungen im Wahlprogramm bedacht. Es wurden die Kapitel Infrastruktur, Energie, Gesundheit, Kultur und Umweltschutz beschlossen.

Im Visier: der öffentlich-rechtliche Rundfunk

Die AfD hat sich gegen das Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) und die Energie-Einspar-Verordnung (EnEV) ausgesprochen und diskutierte über die Legalisierung von Cannabis – die die Mitglieder nur mit einer knappen Mehrheit ablehnten. Dafür will auch die AfD in Tegel weiter fliegen.

Besonders diskutiert wurde der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Die AfD nennt die geforderte Abschaffung der öffentlich-rechtlichen Sender ihr „wichtigstes Thema“. Giselher Suhr, ehemaliger ZDF-Redakteur, forderte, am System öffentlich-rechtlicher Sender festzuhalten, und setzte sich damit letztlich durch. Einige Mitglieder, darunter der ehemalige FDP-Abgeordnete Axel Hahn, forderten die Abschaffung. Man einigte sich, dass man „die Abschaffung der ARD-Dachorganisation unter Beibehaltung der einzelnen Landesrundfunkanstalten als Anbieter vorrangig regionaler Programminhalte in Hörfunk und Fernsehen“ fordere.

"Wir sind keine beleidigten Leberwürste"

Der Antrag, dass die AfD auch fordern solle, dass „der RBB nicht nur die Meinung der Altparteien und der Regierung verbreitet“, und die Forderung eines Mitgliedes nach einer „kritischen Berichterstattung über Ausländerkriminalität, linken Straßenterror, und schleichende Islamisierung“ schafften es wiederum nicht ins Programm. Ein Gegenredner sagte: „Wir sind keine beleidigten Leberwürste, das muss nicht ins Wahlprogramm.“

Auch Landesvorsitzende von Storch rief die Mitglieder bei der Formulierung des Wahlprogramms zur Mäßigung auf. Sie lehnte die Aufnahme eines Änderungsantrags strikt ab, der unter anderem die Nennung von Nationalitäten von Straftätern verlangte und besagte, dass der Pressekodex „hauptverantwortlich für die sexuellen Massenübergriffe in Köln Silvester 2015“ sei. „In der Sache vollkommen zutreffend, aber nicht in der Form. Wir verfolgen das weiter inhaltlich, aber schreiben das bitte nicht in unser Programm“, sagte von Storch. Die Veranstaltung endete um 19.15 Uhr. Das Parteiprogramm wurde vollständig angenommen. Es soll in wenigen Tagen komplett veröffentlicht werden.

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