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Den Blick weg von Berlin. Einst war Friedbert Pflüger Spitzenkandidat der Landes-CDU.

© dpa

Berliner Abgeordnetenhaus: Friedbert Pflüger ist abgetaucht

Was macht eigentlich Friedbert Pflüger? Der Abgeordnete im Landesparlament glänzt durch Abwesenheit. Fraktionskollegen geben dem einstigen CDU-Hoffnungsträger die Note "Unbefriedigend".

Von Sabine Beikler

Lange hat man von dem einstigen Hoffnungsträger und letzten Spitzenkandidaten der Berliner CDU, Friedbert Pflüger, nichts mehr gehört. Sein Name erscheint auf Einladungsschreiben für Veranstaltungen, wo er als Honorarprofessor am King’s College London auf dem Podium angekündigt wird. Aber was macht Pflüger noch? Er ist nach wie vor Abgeordneter und ordentliches Mitglied im Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten, Medien, Berlin-Brandenburg. Was jedoch seine Anwesenheit bei Plenar- oder Ausschusssitzungen betrifft, testieren ihm Fraktionsmitglieder ein „unbefriedigend“, sagte ein CDU-Spitzenpolitiker. „In puncto Präsenz ist er einer der Schwächsten.“

Abgeordnete erhalten im Land Berlin eine monatliche Diät von 3233 Euro. Fehlen die Parlamentarier unentschuldigt bei Sitzungen, wird ihnen davon Geld abgezogen. 50 Euro werden für das Fernbleiben bei Plenarsitzungen und 25 Euro bei Ausschusssitzungen fällig. Überprüft wird die Präsenz mit der Unterschrift der Abgeordneten in einer Anwesenheitsliste, die eine Stunde nach dem jeweiligen Sitzungsbeginn von der Verwaltung eingezogen wird. Nur ist es immer wieder zu beobachten, dass sich Abgeordnete brav eintragen, das Abgeordnetenhaus verlassen und Stunden später wiederkommen. Und es gibt Abgeordnete, die pünktlich ihre Unterschrift leisten, ein paar Stunden körperlich bei der Plenarsitzung anwesend sind und oft ab 17 oder 18 Uhr verschwunden sind - wie zum Beispiel Friedbert Pflüger.

„Zufriedenstellend“ sei das nicht, sagt ein hochrangiger CDU-Mann. Aber Sanktionsmöglichkeiten habe man nicht. Dass er die letzte Plenarsitzung am 7. Oktober vorzeitig verlassen musste, begründete Pflüger auf Anfrage mit einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung, zu der er eingeladen worden sei. Als Mitglied der deutsch-indischen Beratergruppe der Bundesregierung kenne er sich mit Indien gut aus. Laut Stiftungsankündigung hatte Pflüger an dem Abend auf der Veranstaltung „Indien im Aufbruch – Wirtschaftliche Grenzen ausweiten“ ein Gespräch mit dem indischen Handelsminister moderiert.

Pflüger, der 2006 als damaliger CDU-Spitzenkandidat noch als großer Hoffnungsträger gefeiert wurde, brachte seine Partei in den Folgejahren immer mehr gegen sich auf. Nicht abgesprochene politische Vorstöße düpierten die CDU immer mehr, bis es zur Machtfrage kam, als Pflüger ohne Rückendeckung der Kreischefs seinen Anspruch auf den Landesvorsitz erklärte.

Darüber verlor er seinen Posten als Fraktionschef und riss den früheren Landeschef Ingo Schmitt mit in den politischen Strudel. Beide Politiker erlebten den Aufstand der Basis: Schmitt fiel als Kandidat für die Bundestagswahl durch, Pflüger bei der Kandidatur fürs Europaparlament. Nach dieser beispiellosen Demontage stand Pflüger ohne alles da. Anfang 2009 schickte der neue Fraktionschef Frank Henkel seinen Vorgänger in den Europaausschuss.

Er interessiere sich für Europa und die Ausschussarbeit, erzählt eine Abgeordnete im Ausschuss. „Er bringt seine Erfahrungen der Auslandsreisen ein und gibt sich als großer Weltreisender“, sagt eine andere Europapolitikerin dagegen wenig schmeichelhaft. Er sei nur sehr sporadisch anwesend. Und wenn, dann verlasse er den Ausschuss nach ein oder zwei Stunden wieder.

Friedbert Pflüger weist die Kritik von sich. „Ich komme meinen Pflichten als Parlamentarier voll und ganz nach. Allerdings gibt es hin und wieder Überschneidungen mit dem Beruf. Das ist bei einem Teilzeitparlament absolut legitim. Und natürlich hatte in den letzten zwei Jahren der Aufbau einer neuen beruflichen Existenz Vorrang“, sagte er dem Tagesspiegel. Rückendeckung erhält er vom Fraktionschef Frank Henkel. „Pflüger kommt seinen Verpflichtungen nach“, sagte der.

Als Dozent, Politikwissenschaftler und Direktor des European Centre for Energy and Resource Security am King’s College ist Friedbert Pflüger nach eigenen Aussagen im Schnitt zweimal pro Monat in London. Im Mai 2009 gründete er darüber hinaus eine Unternehmensberatung in Berlin. Und für eine Kandidatur zur Abgeordnetenhauswahl stehe er ohnehin nicht mehr zur Verfügung. „Ich ziehe mich völlig aus der Politik zurück“, sagte Pflüger.

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