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Der Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg.

© dpa

Martenstein über den Görlitzer Park: Dealer haben es in Kreuzberg jetzt richtig nett

Beratung und Beirat: Friedrichshain-Kreuzberg will die Dealer im Görlitzer Park in ein "Handlungskonzept" einbinden. Könnte man mit Steuerhinterziehung nicht auf ähnliche Weise verfahren? Eine Glosse.

Im Görlitzer Park gibt es jede Menge Drogendealer. Die Polizei ist machtlos. Diese Dealer sind einfach zu geschickt. Wenn die Polizei sie doch mal erwischt, werden sie von der Justiz fast immer ohne größere Sanktionen an ihren Arbeitsplatz zurückgeschickt. Sie dealen auch mit harten Drogen, nicht nur mit Marihuana.

Jetzt will der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg das Problem lösen. Grundlage der Maßnahmen ist ein „Handlungskonzept“, nachzulesen auf der Homepage des Bezirks. Die Idee klingt genial. Man findet sich mit den Dealern einfach ab und macht sie zum offiziellen Teil des Erholungsangebots. Wörtlich: „Wir werden uns auf die Weiterexistenz des Handels einstellen müssen.“ Mehr noch, das Papier wendet sich ausdrücklich gegen jede Diskriminierung oder Verdrängung der Dealer. Oft genug werden Dealer ja respektlos behandelt. Zitat: „Keine Gruppe soll ausschließlich als Problemverursacher gesehen werden. Menschen, die derzeit den Park nutzen, sollen nicht verdrängt werden.“

Die Dealer sollen allerdings, mithilfe von Flyern, die in ihrer Sprache verfasst sind, um etwas mehr Rücksicht auf Familien gebeten werden. Als weitere Zeichen des guten Willens sollen Dealer in Kreuzberg künftig eine kostenlose Rechtsberatung bekommen, und es werden keine Razzien mehr durchgeführt, weil diese „bedrohlich“ wirken.

Wenn jemand in Deutschland die Rechtsverbindlichkeit und das rechtsstaatliche Vertrauen seiner Bürger konsequent unterminieren und seine staatliche Ohnmacht demonstrieren will, der greife zum Kreuzberger Modell.

schreibt NutzerIn P.Reinike

Wer ist wirklich ein wahlberechtigter Dealer?

Außerdem wird ein Beirat für den Park gegründet, in dem Vertreter aller „Nutzergruppen“ sitzen, demnach auch der Dealerschaft. Wie werden die ermittelt? Vielleicht gibt es in Berlin bald die ersten Wahlen, an denen nur Dealer teilnehmen dürfen. Aber wie findet man heraus, wer wirklich ein wahlberechtigter Dealer ist und kein zufälliger Flaneur? Die Polizei ist keine Hilfe, die kann es ja nicht nachweisen.

Außerdem werden im Görlitzer Park „Parkläufer“ ihre Runden drehen. Das Wort „Parkwächter“ wurde verworfen, es klingt obrigkeitsstaatlich. Weil die Dealer nicht verdrängt oder eingeschüchtert werden dürfen, werden sich die Parkläufer ganz auf Radfahrer, Grillfreunde und Hundehalter konzentrieren, diese sollen sich „an die Regeln halten“ und keinen Müll wegwerfen. Außerdem müssen die Parkläufer biertrinkende Touristen am Urinieren hindern. Wie tut man das? Hält man die Hose zu, die ein Tourist gerade geöffnet hat? Urinierer sind auch Menschen, die den Park nutzen.

Ich frage mich, warum man nicht das Delikt Steuerhinterziehung auf ähnliche Weise aus der Welt schafft. Warum gibt es da keine kostenlose Rechtsberatung? Auch Steuerhinterzieher empfinden Razzien als bedrohlich. Sie sind halt nicht hartnäckig genug und haben ein unnötiges Unrechtsbewusstsein. Außerdem kostet der erste Teil des Dealerschutzprogramms bereits 500.000 Euro, deshalb müssen Steuern sein.

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