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Warteschlange am Lageso in Moabit am 15. Oktober.

© ODD ANDERSEN / AFP

Exklusiv

Medizinische Versorgung der Flüchtlinge: Charité-Ärzte sollen zum Lageso

Sozialsenator Mario Czaja und Charité-Chef Karl Max Einhäupl handeln Einsatz der Hochschulärzte am Lageso aus. Der Ärztekammer-Präsident nimmt den gesamten Senat in die Pflicht.

Im Streit um die medizinische Flüchtlingsversorgung zeichnet sich eine Verbesserung ab. Nach Tagesspiegel-Informationen wird die Charité ihre Ärzte bald auch vor das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) nach Moabit schicken. Hunderte Fachkräfte der größten Universitätsklinik Europas sind schon in Flüchtlingsunterkünften in der Schmidt-Knobelsdorf-Kaserne, der Glockenturmstraße und der Erstaufnahme in der Bundesallee im Dienst.

Czaja muss Erlaubnis von Bürgermeister Müller holen

Nach massiver Kritik an den Zuständen vor dem Lageso – im Freien schlafende Familien, unbehandelte Verletzungen, unterkühlte Kinder – hat Sozialsenator Mario Czaja (CDU) nun mit Charité-Vorstandschef Karl Max Einhäupl den geplanten Einsatz ausgehandelt. „Ich habe mir am Dienstag die Genehmigung des Regierenden Bürgermeisters geholt“, sagte Czaja auf Anfrage. Eine Erlaubnis von Michael Müller (SPD) war offenbar nötig, um Flüchtlinge auch dann massenhaft und routinemäßig durch die Charité versorgen zu lassen, wenn sie noch nicht registriert, also offiziell gar nicht im Land sind. Schließlich habe Czaja dann Einhäupl damit beauftragen können.

Details zu dem geplanten Einsatz werden an diesem Mittwoch erwartet. Die Charité untersteht als Hochschulklinik Berlins Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD).

Wer zahlt den Charité-Einsatz?

In den Senatsverwaltungen fragten einige mit Blick auf die Dauer der Flüchtlingskrise, warum die Charité erst jetzt voll in die Versorgung einbezogen werde. Zudem sei unklar, wer den Dienst der Hochschulärzte an den Asylbewerbern bezahle. Bislang übernimmt die Charité zehn Einsatztage ihrer Ärzte in Flüchtlingsheimen aus ihrem Budget. Dem Vernehmen nach werden Lageso und Charité wohl einen Vertrag unterzeichnen. Warum dies nicht auch mit Ärzten anderer Häuser gegangen sei, erkläre sich nicht, sagen Kritiker, zumal die Caritas seit Wochen vor Ort helfe.

Charité-Chef Karl Max Einhäupl.
Charité-Chef Karl Max Einhäupl.

© Spiekermann-Klaas

1000 neue Flüchtlinge am Tag

Vor dem Lageso in Moabit warten, wie berichtet, seit Monaten täglich Hunderte auf ihre Registrierung. Die medizinische Erstversormedizinische Erstversorgungung übernehmen meist Freiwillige. Die Berliner Ärztekammer, der alle zugelassenen Mediziner der Stadt angehören müssen, sprach angesichts der Not von „Dritte-Welt-Medizin“. Ihr Präsident, Günther Jonitz, sagte am Dienstag: „Die Verantwortung trägt der Gesamtsenat, auch der Regierende Bürgermeister.“ Die Bewältigung der Flüchtlingskrise gehe nur gemeinsam – innerhalb des Senats und zusammen mit der Zivilgesellschaft. In Berlin gibt es zu wenig Amtsärzte, die offiziell für Flüchtlinge zuständig sind. Die Untersuchungen von täglich bis zu 1000 neu ankommenden Männern, Frauen und Kindern können sie nicht bewältigen.

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