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Kämpferisch präsentierten sich die drei Bürgermeisterkandidaten am Dienstagabend in Wedding. Wer das Rennen macht, ist noch völlig offen.

© dpa

Michael Müller, Raed Saleh und Jan Stöß: Fünf Wochen Wahlkampf enden kämpferisch

Mit einem letzten SPD-Forum endete am Dienstag der Wettstreit um die Nachfolge von Klaus Wowereit. Während anfangs ein Bewerber in Führung lag, erwarten Experten jetzt ein knappes Rennen.

Sie können auch anders. Am Schluss präsentierten sich die drei Bewerber um die Nachfolge Klaus Wowereits kämpferischer als in den Wochen zuvor – und wurden dabei auch mal persönlich und laut.

14 Mal sind Michael Müller, Raed Saleh und Jan Stöß in den vergangenen Wochen bei Veranstaltungen aufeinandergetroffen, tausende Berliner Sozialdemokraten haben ihre Diskussionen verfolgt, am gestrigen Dienstagabend stand in Wedding das letzte von vier großen SPD-Mitgliederforen zur Kür des künftigen Regierenden Bürgermeisters an. Bis Freitag müssen sich die 17 200 wahlberechtigten Sozialdemokraten entschieden haben, wen sie als Wowereits Nachfolger wollen – und das Rennen ist bis zum Schluss spannend. Denn auch wenn es anfangs so schien, als ob es einen klaren Favoriten gebe, hat sich in den vergangenen Wochen die Stimmung gewandelt. Wie haben sich die drei Bewerber geschlagen?

Michael Müller

Kurz nach Wowereits Rücktrittsankündigung Ende August schien die Gefechtslage eindeutig: Michael Müller wird’s. „Inzwischen haben die anderen beiden aber aufgeholt“, sagt der FU-Politikwissenschaftler Gero Neugebauer. Das wurde auch am Dienstagabend im Auditorium des Pharmaherstellers Bayer deutlich. Da gingen Saleh und Stöß den Stadtentwicklungssenator und früheren Partei- und Fraktionschef auch mal kritisch an, zum Beispiel in Sachen Wohnungsbaupolitik. Müller setzte, wie zuvor, vor allem auf seinen Amtsbonus und präsentierte Maßnahmen wie die gestiegene Wohnungsbauförderung als Erfolg – was vor allem Stöß angesichts der Wohnungsnot als zu wenig kritisierte. Dennoch bekam Müller viel Applaus und punktete auch mit selbstironischen Sprüchen. So habe eine Zeitung kürzlich geschrieben, er kokettiere mit seinem fehlenden Glamourfaktor. Müller: „Ich kokettiere damit nicht, das ist so.“

Raed Saleh

Der SPD-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus legte gestern den kämpferischsten Auftritt hin und punktete mit knackigen Formulierungen und Seitenhieben gegen Müller und Stöß wie diesem: „Wir werden keine Wahlen gewinnen, weil wir langweilig sind oder weil alles so bleibt wie es ist.“ Er pries die SPD als Partei des sozialen Aufstiegs und der erfolgreichen Integration – illustriert am eigenen Beispiel des einstigen Einwandererkindes aus dem Westjordanland. Durch Bildung und Arbeit sei Aufstieg und damit Integration möglich. Und das Wort „Migrationshintergrund“ für Kinder von Einwanderern würde er am liebsten abschaffen: „Was für ein abscheuliches Wort – es sind Berliner Kinder!“, rief er unter starkem Applaus, der an diesem Abend den der beiden anderen mehrmals übertraf.

Jan Stöß

Der Landeschef der SPD, im Hauptberuf Richter, versuchte ein letztes Mal, sich durch kämpferisch vorgetragenen Reformwillen zu profilieren. Ganz nach dem Motto seines 100-Tage-Programms: „Mut zur Veränderung“. Da er kein Amt in der Landespolitik bekleidet, zeigte sich Stöß gestern erneut kritisch gegenüber Senat und Koalition. Und deutete im Gegensatz zu seinen Konkurrenten an, dass ihm nach der nächsten Abgeordnetenhauswahl eine rot-rot-grüne Koalition am liebsten wäre, indem er von „neuen Perspektiven in linken Mehrheiten nach 2016“ sprach.

Wer das Rennen macht? Das bleibt auch nach dem gestrigen Abend unvorhersehbar. Im Gespräch mit Genossen war viel Zustimmung für Müller und Saleh zu hören, weniger für Stöß. Für eine valide Vorhersage ist das Rennen aber zu eng, wie auch Neugebauer sagt: „Ich glaube nicht, dass ein Kandidat gleich über 50 Prozent kommt.“ Dann stünde eine zweite Wahlrunde an, damit beim Landesparteitag am 8. November ein Sieger gekürt werden kann.

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