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Alles dreht sich seit Jahren um die Landesbank. Durch die Bankenaffäre verloren die CDU-Politiker Eberhard Diepgen und Klaus Landowsky die Regierungsmacht.

© ddp

Milliarden verbrannt: Die Kosten belasten Berlin noch heute

Eine genaue Schadensbilanz des Berliner Bankenskandals steht noch aus: Möglich wird sie erst, wenn der letzte Risikofonds 2030 ausläuft oder wenn die Anlage-Immobilien verkauft werden.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Welchen Schaden der Berliner Bankenskandal verursacht hat, ist nicht so einfach zu bewerten wie das verbeulte Blech nach einem Autounfall. Es gibt kein Gutachten, dass die Kosten zulasten des Landeshaushalts – und somit der Steuerzahler – bewertet. Seit 2001, als die ehemalige Bankgesellschaft Berlin wegen hoch riskanter Immobilien- und Kreditgeschäfte vor der Pleite stand, gab es viele Versuche, die Schadenshöhe einzukreisen. In jedem Fall liegt man richtig, wenn man von einigen Milliarden Euro spricht.

Die erste Zahl, die Grauen erregte, wurde im März 2002 in einem Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes im Abgeordnetenhaus veröffentlicht: 35,34 Milliarden Euro. Das war die maximal denkbare Summe aller Finanzrisiken, die der landeseigene Bankkonzern binnen weniger Jahre verursacht hatte. Verursacht durch geschlossene Immobilienfonds mit luxuriösen Renditezusagen. Gleichzeitig lastete auf diesem Grundvermögen eine milliardenschwere Schuldenlast. Um die Bankgesellschaft vor dem Konkurs zu bewahren, und somit das Land Berlin vor einem finanziellen Super-GAU, entschloss sich der rot-rote Senat zu einer Risikoabschirmung. Seit der Finanzmarktkrise sind solche Rettungsschirme ja weltweit üblich.

Staatlich abgesichert wurden Finanzrisiken von maximal 21,6 Milliarden Euro. In der Hoffnung, dass nur ein kleiner Teil der Garantien in Anspruch genommen wird. Die Europäische Kommission ging 2004 von einer notwendigen „Beihilfe“ für die Bankgesellschaft von insgesamt 9,7 Milliarden Euro aus. Genaues wissen wir aber erst 2030, wenn die Laufzeit der letzten Skandalfonds endet. Oder wenn es doch noch gelingen sollte, alle Fondsgesellschaften im Paket samt der Finanzrisiken zu verkaufen. Dann ließe sich auch ein Schlussstrich unter die missliche Angelegenheit ziehen.

Weil der BIH-Verkauf scheiterte, müssen wir uns jedoch an die bisher entstandenen Kosten zulasten der Allgemeinheit und auf sachverständige Prognosen für die Zukunft halten. Zählen wir deshalb erst einmal jenes Geld zusammen, dass der Senat aus dem öffentlichen Haushalt schon ausgegeben hat. Im August 2001 musste auf Drängen der Kreditaufsicht das Eigenkapital der Bankgesellschaft um 1,775 Milliarden Euro aufgestockt werden. Dies wurde aus dem Landeshaushalt finanziert. Weitere 1,1 Milliarden Euro flossen dem Konzern als stille Einlage zu, als die Investitionsbank Berlin (IBB) 2005 herausgelöst wurde. Da hieß die Bankgesellschaft bereits Landesbank Berlin (LBB). Diese Transaktion blieb aber wertneutral, weil im Zuge des Verkaufs der LBB 2007 die stille Einlage wieder in den öffentlichen Haushalt zurückfloss.

Die staatliche Risikoabschirmung verursachte aber seit 2002 erhebliche Ausgaben, die das Land Berlin schultern musste. So wurden die Buchwertgarantien auf den Fonds komplett abgerechnet. Das waren 1,2 Milliarden Euro. Damit wurde der Wert der Immobilien abgesichert, wie er ursprünglich in den Bilanzen stand. Mit dem realen Vermögenswert muss das nichts zu tun haben. Weitere 1,1 Milliarden Euro wurden fällig für die sogenannte Erfüllungsübernahme. Eine Form der Schuldenübernahme, in diesem Fall zulasten des bürgenden Landes. Diese Ausgaben von insgesamt 2,3 Milliarden Euro sind die Kosten aus der klassischen Risikoabschirmung. Das war der Stand Mitte 2010. Nach Informationen des Tagesspiegels erhöhte sich diese Garantiesumme bis Ende 2010 um 235 Millionen Euro.

Bunt gemischt. Das Logo der früheren Bankgesellschaft am Alex steht für den teuersten Skandal der Berliner Nachkriegsgeschichte.
Bunt gemischt. Das Logo der früheren Bankgesellschaft am Alex steht für den teuersten Skandal der Berliner Nachkriegsgeschichte.

© Mike Wolff HF

Hinzu kommen 1,8 Milliarden Euro, mit denen das Land seit 2006 massenhaft Anteile aus den Bankgesellschafts-Fonds von privaten Zeichnern aufkaufte. Bei den staatlich garantierten Fonds ist Berlin inzwischen zu 90 Prozent Eigentümer. Um auf 100 Prozent zu kommen, wurde Anfang 2011 eine neue Kaufoffensive gestartet, für die etwa 220 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Sollten alle privaten Zeichner mitmachen, die noch in den Fonds sitzen, bekommt Berlin für etwa zwei Milliarden Euro alle Risikofonds in die Hand. Die spannende Frage ist: Welcher Vermögenswert steht dieser gewaltigen Summe gegenüber? Die ernüchternde Antwort: Nach offizieller Bewertung der über 40 000 Fonds-Immobilien bleibt, wenn man die Schuldenlast auf dem Grundvermögen abzieht, ein Minus von 500 Millionen Euro.

Um die Bewertung des Fondsvermögens gibt es allerdings Streit. Manche Experten halten die Immobilien für unterbewertet. Folgt man ihren optimistischsten Rechnungen, ist der Wert nicht negativ, sondern liegt abzüglich der Kreditschulden bei maximal 400 Millionen Euro. Aber auch das wäre ein teuer erkaufter öffentlicher Großgrundbesitz.

Wir sind noch nicht am Ende unserer Rechnung, die in den vergangenen Jahren ein großes Stück Volksvermögen aufzehrte. Glücklicherweise nur zu einem kleinen Teil aus dem Berliner Landeshaushalt. Als der Verkauf der Landesbank Berlin 2007 rund 4,6 Milliarden Euro einbrachte, wurde dieser Erlös in eine Rücklage für die Risikoabschirmung gestellt. Durch die eben genannten Ausgaben ist diese Rücklage bald aufgezehrt. Anfang 2012 werden voraussichtlich nur noch 120 Millionen Euro übrig sein.

Die gute Nachricht ist, dass ein großer Teil der Risiken inzwischen abgelöst ist. Die schlechte Nachricht ist, dass auf den Immobilienfonds noch 4,1 Milliarden Euro staatlich garantierte Darlehen lasten. Sie müssen bis 2014 umgeschuldet und in jedem Fall schrittweise abgelöst werden. Leider reichen die Mieteinnahmen aus den Immobilien bisher nicht aus, um die Kosten für Zins und Tilgung, für Investitionen in die Wohn- und Gewerbegrundstücke und für die Verwaltung der Fonds zu decken. Berlin muss also auch in den kommenden Jahren noch zuzahlen.

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