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Berlin: Mit Rentengeschäften in Israel Millionen verdient und jahrelang Steuern hinterzogen

Der Berliner Rechtsanwalt Frank Reppenhagen muss sich auf mehrere Jahre hinter Gittern einrichten. Eine Strafkammer des Landgerichts verurteilte den 58-Jährigen am Montag wegen Steuerhinterziehung zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis.

Der Berliner Rechtsanwalt Frank Reppenhagen muss sich auf mehrere Jahre hinter Gittern einrichten. Eine Strafkammer des Landgerichts verurteilte den 58-Jährigen am Montag wegen Steuerhinterziehung zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis. Das Gericht kam nach nur dreistündiger Beweisaufnahme zu dem Schluss, dass Reppenhagen dem Finanzamt Charlottenburg über Jahre hin die wahre Höhe seines immensen Einkommens verschwiegen hat. Von 1990 bis 1997 erzielte der Anwalt mit Rentengeschäften zwischen Deutschland und Israel einen Gewinn von rund 17 Millionen Mark. Gut 13 Millionen verheimlichte er dem Fiskus und "sparte" so sechs Millionen Mark Steuern.

Reppenhagens Aufstieg zum Spitzenverdiener mit zehn Eigentumswohnungen, zwei Einfamilienhäusern und Millionensummen auf diversen Konten hatte in den 80-er Jahren begonnen. Der Anwalt, der nach eigenen Worten bis zu "120 Stunden pro Woche hinter den geschlossenen Jalousien meines Arbeitszimmers" saß, war im Halbschatten seines Büros auf ein deutsch-israelisches Sozialversicherungsabkommen gestoßen. Im Juni 1980 hatte der Bundestag die "Vereinbarung zur Durchführung des Abkommens vom 17. Dezember 1973 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Israel über Soziale Sicherheit" in Kraft gesetzt. Danach erhielten Israelis das Recht, sich günstig in die deutsche Rentenkasse einzukaufen, und zwar rückwirkend ab Januar 1956. Aber der Inhalt des Abkommens sprach sich in Israel nicht herum. Reppenhagen, der als ehemaliger Mitarbeiter der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) über Insider-Wissen verfügte, sah die Chance, ans große Geld zu kommen. Und er nutzte sie konsequent.

Er holte zwei israelische Anwälte dazu und machte die "deutsche Rente" mit großzügigen Anzeigen in israelischen Zeitungen bekann. Man bot sich den Interessenten als kompetente Dienstleister an. Doch die Sache hatte einen Haken: Die Antragsteller mussten zunächst Kredite aufnehmen, um den Aufwand der Dienstleister bei der Durchsetzung der Rentenansprüche zu finanzieren. Dennoch kamen mit der Zeit 29 000 Anträge zusammen, die in einer riesengroßen Seekiste die Reise nach Berlin antraten. Am 13. Juni 1983, unmittelbar vor dem Stichtag, schaffte Reppenhagen mit seinem derzeit flüchtigen Kollegen Israel Perry kartonweise Anträge zur BfA-Zentrale am Fehrbelliner Platz. Die Rentenexperten stapelten die Pakete in einem Zimmer und klebten ein Siegel an die Tür. In den Jahren danach gelang es Reppenhagen, rund 23 000 Rentenanträge durchzusetzen. Dafür erhielt er nach eigenem Bekunden "700 Mark oder 1,8 Monatsrenten pro Fall". Das Geld floss von Deutschland aus in das Steuerparadies Isle of Man zu Firmen, die Gebühren und Zinsen abzogen und die restlichen Summen nach Israel überwiesen. Der "Spiegel" fand letztes Jahr heraus, dass zahlreiche alte Leute in Israel nur einen Bruchteil der erwarteten Rente erhalten und zudem noch jahrelang ihre Kredite abzahlen müssen.

"Die Masse hat es gemacht", sagte Frank Reppenhagen gestern vor Gericht und schilderte sich als Opfer der Verhältnisse. Seine Eltern seien 1956 mit ihm aus der DDR nach West-Berlin geflohen, und die harten Kinderjahre hätten "zu einem ausgeprägten Sicherheitsbedürfnis" geführt. Seinen Umgang mit der Steuerschuld von sechs Millionen Mark, die ihm nach einem Gutachten länger bekannt war, bezeichnete Reppenhagen "als Rätsel". Er wurde noch im Gerichtssaal verhaftet. Staatsanwaltschaft und Verteidigung hatten sich vergeblich um einen Deal bemüht. Staatsanwalt Martin Laub bewertete das Urteil als angemessen. Verteidiger Klaus-Michael Bärlein sprach dagegen von einer unmenschlichen Entscheidung.

Michael Brunner

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