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Ohne Ausblick. Das Küchenfenster in Helga Brandenburgers Wohnung in der Calvinstraße wurde zugemauert.

© dpa

Moabiter Häuserkampf: Calvinstraßen-Mieterin streitet mit Eigentümer wieder vor Gericht

Seit Jahren dauert der Rechtsstreit schon, vor drei Jahren wurden der Mieterin Helga Brandenburger die Fenster zugemauert. Jetzt haben sich die Parteien vor dem Landgericht wiedergetroffen..

Im Frieden werden diese Streitparteien nicht mehr auseinandergehen. Auf der einen Seite: Sechs Mietparteien aus der Calvinstraße 21 in Moabit, die sich gegen die Modernisierung ihrer Wohnungen und die damit verbundenen Mieterhöhungen wehren. Auf der anderen Seite: Das Immobilienunternehmen Terrial Stadtentwicklung GmbH aus Biberach, das als Eigentümer des Mietshauses mit Methoden seine Interessen durchsetzt, die die Mieter als rabiat kritisieren. Mittlerweile treffen sich die Parteien beinahe wöchentlich vor Gericht. Am Freitag wurde der Fall der 64-jährigen Helga Brandenburger in der Berufungsinstanz am Landgericht Berlin verhandelt.

Der Streit dauert seit Jahren an. Zu bundesweiter Bekanntheit gelangte er, als die Terrial GmbH der 64-jährigen Brandenburger im April 2010 die Fenster zu Bad und Küche zumauern ließ, weil nebenan ein neues Gebäude entstand. Brandenburger reagierte mit einer Mietminderung von 20 Prozent. Lärm, baubedingte Schäden und die „nahezu völlige Dunkelheit“ hätten ihr das Leben in ihrer Wohnung verleidet, sagt sie. „Systematische Schikane“, so nennt Brandenburgers Anwalt Christoph Müller den Vorgang. Auch die anderen Mietparteien in der Calvinstraße 21 minderten ihre Miete, die Terrial GmbH kündigte und reichte Räumungsklagen ein.

Es folgte eine Reihe von Prozessen. Im Juni 2012 entschied ein Richter am Amtsgericht, dass die Mauer vor Helga Brandenburgers Fenstern entfernt werden müsse. Die Terrial GmbH argumentierte, dass es wirtschaftlich unmöglich sei, die Mauer wieder zu entfernen, legte Berufung ein – und so kam es zur Verhandlung am Freitag. Brandenburger erschien gemeinsam mit anderen Mietern aus der Calvinstraße 21: Den Eheleuten Czapara und Eva Bugenhagen, die ebenfalls vor Gericht mit der Terrial GmbH streiten. Der Konflikt hat die Mieter geeint, die Stimmung gegenüber dem gemeinsamen Gegner ist gereizt. „Heute wird entschieden, dass Frau Brandenburger ihre Fenster selbst zugemauert hat“, sagt Roman Czapara vor Verhandlungsbeginn sarkastisch.

Der Vorsitzende Richter stellt gleich zu Anfang klar, dass es sich bei den vermauerten Fenstern um einen „ganz erheblichen Eingriff“ handele, den Brandenburger „nicht ohne Weiteres“ hinnehmen müsse. Der Eigentümer habe den Gebrauchswert der Wohnung verringert, daher sei eine Mietminderung angemessen. „Der Vermieter wusste, was er tat“, erklärt der Richter, ohne Frage habe die Terrial GmbH einen wirtschaftlichen Vorteil aus der Situation gezogen. Der Richter versucht, eine einvernehmliche Regelung anzuregen: „Die Frage ist, ob man sich mit der Situation abfinden und dafür einen entsprechenden Ausgleich erhalten kann.“

Der Anwalt der Terrial GmbH sagt, dass Interesse an einer einvernehmlichen Lösung bestehe. Am 10. April wollen sich die Streitparteien treffen, um sich vielleicht doch noch zu einigen. Und falls daraus nichts wird, fällt der Richter Anfang Mai sein Urteil.

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