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Dankbar und selbstbewusst. Hier warten Flüchtlinge auf einem Flur in einer Flüchtlingsunterkunft in Schöneberg auf den Einlass in die Kleiderkammer. In der erst kürzlich geschaffenen Flüchtlingsunterkunft in einer ehemaligen Oberschule werden etwa 180 Menschen durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Tamaja Soziale Dienstleistungen GmbH betreut.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Nach dem Brand in Berlin-Wittenau: Flüchtlinge haben Angst

Nach dem Brand in einer Turnhalle sind die Flüchtlinge in Wittenau verunsichert. Senatorin Kolat fordert mehr Sicherheit. Und es wird für Flüchtlinge vor dem Lageso demonstriert

Ein Junge rauscht auf einem Fahrrad vorbei. Auf dem Rasen, der am Mittwoch noch Polizisten und Feuerwehrmännern vorbehalten war, spielen zwei andere Jungen Fußball. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als sei nach nur einer Nacht der Alltag wieder eingekehrt in die Flüchtlingsunterkunft an der Bonhoeffer-Nervenklinik in Wittenau. Doch der Schein trügt.

„Ich habe vor Angst kaum geschlafen“, sagt Aldijana Januci. Ihr jüngstes Kind kann die Aufregung noch gar nicht einordnen – es liegt im Kinderwagen. Die beiden älteren Töchter sehen übermüdet aus. Unter den Heimbewohnern schärfe man sich derzeit gegenseitig ein, nur bloß auf die Kinder aufzupassen, sagt die 28-Jährige. Und nicht nur sie macht sich Sorgen. „Viele hier sprechen darüber, dass Nazis das Feuer gelegt haben könnten“, sagt Muharem Haganovic. Der 33-Jährige sieht nicht wie jemand aus, der sich schnell fürchtet. Trotzdem habe auch er in der Nacht kein Auge zu bekommen. Zudem sei den Heimbewohnern nicht richtig erklärt worden, was eigentlich passiert sei.

Viele kennen den Geruch von Glut und Asche aus der Heimat

„Das Thema wird mich und mein Team noch einige Zeit beschäftigen“, sagt Heimleiter Michael Schaeffer. Die Flüchtlinge hätten den Brand gut verkraftet, obwohl viele von ihnen den Geruch von Asche und Gewalterfahrungen aus der Heimat kennen dürften. Das für den gestrigen Tag geplante Fest des Vereins „Gangway“ habe man verschoben, sagte Schaeffer am Vormittag. Allerdings fand es am Nachmittag dann doch in kleinerer Form statt. Am 19. September soll das Sommerfest der Einrichtung stattfinden. Bis dahin wird Schaeffer den Flüchtlingen hoffentlich die Brandursache nennen können. Noch am Mittwochabend hatte die Polizei auf dem Gelände einen Mann festgenommen, ihn aber wieder freigelassen, weil kein dringender Tatverdacht bestand.

Arbeits- und Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) sitzt am Donnerstag in der ersten Reihe eines Busses, als sie sagt: „Wir kennen noch nicht die Brandursache, deshalb sollten wir das Ergebnis der Ermittler abwarten. Aber sollte es sich um einen Anschlag gehandelt haben, dann ist das schlimm.“ Leider sei Berlin „nicht ganz geschützt“. Es genüge ein einzelner Täter, um massiven Schaden anzurichten.

"Die Menschen brauchen Sicherheit"

Kolat ist auf Tour, sie besucht Projekte gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus; das Thema der abgebrannten Turnhalle könnte einen erschreckend aktuellen Bezug zu dieser Informationsreise haben. Zehn Minuten zuvor hat sie die Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus besucht, jetzt ist sie auf dem Weg zum Anne-Frank-Zentrum in der Nähe der Hackeschen Höfe. „Am schlimmsten“, sagt sie, „wäre es, wenn die Bewohner der Heime hier in Angst leben müssten. Diese Menschen suchen Sicherheit, sie brauchen Sicherheit.“

Und noch ein Punkt bewege sie. „Die Menschen, die Helfer, die sich engagieren, dürfen nicht das Gefühl bekommen, dass sie sich in Gefahr befinden. Diese Menschen schaffen ein Klima der Willkommenskultur.“ Sie zeigten mit ihrem Einsatz, dass die Mehrheit der Menschen ganz anders denke „als diese Leute, die Flüchtlinge ablehnen“. Am Donnerstagabend gab es eine Solidaritätsdemo von Linken, sie zogen vom S-Bahnhof Wedding zum Lageso. Die Polizei beobachtete des Geschehen auch aus dem Polizei-Hubschrauber. Oft sind Flüchtlinge ängstlich, wenn sie solche großen Menschenmengen sehen, weil sie nicht ausmachen können, ob das Menschen sind, die für oder die gegen sie sind. Das Lageso mit den vielen wartenden Kindern guckte sich jetzt auch Bildungssenatorin Sandra Scheeres genauer an.

Scheeres schaut sich um im Lageso

Denn noch immer ist die Situation für die Flüchtlinge auf dem Gelände des Landesamtes für Gesundheit und Soziales in Moabit angespannt. Vor allem die dauerhafte Unterbringung ist für viele Betroffene nicht geklärt und ihre Registrierung dauert weiterhin zu lange. Manche Flüchtlinge warten drei bis vier Tage. Jetzt wird schon über die Schalter am Flughafen Tempelhof nachgedacht, zur Erfassung der Flüchtlinge. Laszlo Hubert von Moabit Hilft!" sagte zur Gesamtsituation Vorort: "Das ist ein Armutszeugnis für deutsche Behörden." Am Donnerstagnachmittag verschaffte sich zudem Bildungs-Senatorin Sandra Scheeres ein Bild von der Lage. Sie wolle sich um eine bessere Betreuung der Flüchtlingskinder kümmern.

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