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Die Flüchtlinge in ihrer Unterkunft in der Gitschiner Straße.

© Timo Kather

Nach dem Ende des Hungerstreiks am Pariser Platz: Die Flüchtlinge essen wieder

Die Flüchtlinge vom Pariser Platz erholen sich in der Gitschiner Straße vom Hungerstreik. Sie sind glücklich und zuversichtlich - wissen aber auch, dass über ihre Zukunft in Deutschland noch lange nicht entschieden ist.

Zum Auspacken war noch keine Zeit. In der Toreinfahrt türmen sich die Habseligkeiten der Flüchtlinge vom Pariser Platz: Regenschirme, Isomatten, Plastiksäcke mit gespendeter Kleidung. Hinter der Einfahrt, auf einem begrünten Kreuzberger Hinterhof, stehen die Flüchtlinge zusammen. Lauter glückliche Gesichter. Die Verzweiflung der vergangenen Tage, als sich die gesundheitliche Situation der Hungerstreikenden dramatisch verschlechterte, ist erstmal Vergangenheit. Die Flüchtlinge wissen aber: Noch ist ihr Schicksal nicht entschieden, der Kampf um Asyl und politische Anerkennung geht weiter.

Die Vereinbarung zwischen Politik und Flüchtlingen sieht so aus: Alle Einzelschicksale werden von den Behörden so gründlich und so schnell wie möglich geprüft, dafür beenden die Flüchtlinge ihre Protestaktion vor dem Brandenburger Tor. „Man hat uns zugesichert, dass in den nächsten drei Monaten über unsere Anträge entschieden wird“, erklärt der 25-jährige Äthiopier Tadele Brook Biru, der wegen seiner guten Englischkenntnisse in den vergangenen Tagen so etwas wie der Sprecher der Gruppe geworden ist. „Dafür mussten wir versprechen, den Hungerstreik zu beenden.“ Es sei auch höchste Zeit gewesen, gibt Brook Biru zu: „Zuletzt war ich so schlapp, dass ich kaum noch wusste, wo ich war.“ Am Sonnabend gegen 21 Uhr bezogen die Flüchtlinge ihr Übergangsquartier in der Gitschiner Straße, dass die evangelische Heiligkreuzgemeinde kurzfristig zur Verfügung gestellt hatte. Der Pastor begrüßte die Ankömmlinge und gratulierte zum Etappensieg. Dann wurde der Streik mit Suppe und heißem Tee gebrochen. Manche hätten gleich drei Teller gegessen, sagt Brook Biru. „Und nachts bin ich nochmal aufgestanden und habe mir eine Portion Reis geholt.“

Die Nacht war kurz, aber gut geschlafen haben wohl alle. Die meisten haben ihr Lager in einem großen Raum im zweiten Stock des Altbaus aufgeschlagen, der sonst als Atelier benutzt wird. Es gibt warmes Wasser, viele Topfpflanzen und einen Internetzugang. Im Erdgeschoss des Hauses befindet sich eine große Wohnküche, die den Asylbewerbern als Gemeinschaftsraum dient. Hier wollen sie nach einem Tag der Erholung ihr weiteres Vorgehen besprechen – denn klar ist, dass die Unterkunft in der Gitschiner Straße nur übergangsweise genutzt werden kann. „Das hier ist nur für das Wochenende, ob wir länger als Montag bleiben können, wissen wir nicht“, sagt Brook Biru. Fest stand, dass am Sonntagabend zusammen gekocht werden sollte. Timo Kather

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