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Nach der tödlichen Messerstecherei: Gedenken nach dem Freitagsgebet

Hunderte Menschen bekundeten vor dem Rathaus Neukölln ihr Mitgefühl für den getöteten Jusef El-A. Trotz der Angst, dass sich radikale Muslime oder gewaltbereite Jugendliche unter die Menge mischen könnten, blieb alles ruhig.

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Für Berlins scheidenden Integrationsbeauftragten Günter Piening war die Teilnahme am Gedenken für den in Neukölln erstochenen Jusef El-A. selbstverständlich: „Man soll diejenigen, die Frieden suchen, in der Trauer nicht allein lassen“, sagte er. Und reihte sich ein in die etwa 300 Menschen, die sich am Freitag gegen 15 Uhr vor dem Rathaus Neukölln versammelten. Sie lauschten der Mutter des Getöteten, die über ihre Trauer sprach, aber zugleich zur Besonnenheit aufrief.

Auch Imam Ferid Heider vom Islamischen Kultur- und Erziehungszentrum mahnte die Justiz, genau hinzuschauen. „Wir vertrauen darauf, dass da kein Unterschied zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen gemacht wird“, sagte er. Und forderte Muslime und Nicht-Muslime auf, sich gegenseitig zu besuchen. Neukölln könne zum Vorbild für ein gewaltfreies Miteinander werden, der Islam sei eine Religion des Friedens. Die Veranstalter bedankten sich bei den Politikern vor allem der Grünen, der Linken und der Piraten, die an der Kundgebung teilnahmen – darunter auch Integrationsbeauftragter Günter Piening, der sein Amt im Juni aufgeben wird. Er lobte die Familie und die Freunde des getöteten Yusef El-A., aber auch die Organisatoren der Veranstaltung: das Deutsch-Arabische Zentrum (DAZ). „Sie alle haben dazu beigetragen, dass die Situation in den vergangenen knapp drei Wochen nicht eskaliert ist“, sagte er dem Tagesspiegel: „Und sie haben gesagt, dass es wichtig ist, auf die juristische Aufarbeitung zu vertrauen. Es ist richtig, Anteilnahme zu zeigen – auch, weil der junge Mann Verdienste im Kiez hatte.“

Die Frage, welche Rolle Jusef El-A. bei der Auseinandersetzung spielte, sei für ihn zweitrangig, sagte Piening. Der 18-Jährige habe sich gegen Hass und Gewalt engagiert, auch seine Eltern und die meisten arabischen Vereine wollten Frieden – das müsse man unterstützen. Jusefs Mutter äußerte sich in ihrer Rede indes enttäuscht und traurig über die Arbeitsweise der Behörden.

Das Bezirksamt Neukölln hatte wie berichtet eine Teilnahme an der Veranstaltung abgelehnt. Begründet wurde dies damit, dass man bereits die Trauerfeier besucht und der Familie kondoliert habe.

Im Hintergrund dürfte auch die Angst vor Gewaltausbrüchen eine Rolle gespielt haben. Der Mann, dessen Messerstich Jusef El-A. getötet hat, soll nach jetzigen Erkenntnissen der Ermittler in Notwehr gehandelt haben und befindet sich auf freiem Fuß. Das DAZ hatte den Aufruf zum Gedenken damit begründet, dass noch immer viele Jugendliche Rachegedanken hätten und man gerade ihnen ein Forum geben wolle, ihre Trauer friedlich auszudrücken. Deshalb war die Einladung zur Veranstaltung während des Freitagsgebets in den Moscheen verlesen worden. Aber selbst DAZ-Koordinator Ali Maarouf hatte Sorge, dass sich radikale Muslime oder gewaltbereite Jugendliche unter die Menge mischen könnten.

Diese Sorge erwies sich als unbegründet. Nach den Reden tauschten sich die meisten Teilnehmer, darunter viele mit arabischen Wurzeln und viele Frauen, vor allem über den getöteten Jusef aus. Laut Polizei bliebt auch danach alles friedlich.

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