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Unterwegs sind sie allein: Taxifahrer können sich nur eingeschränkt vor kriminellen Fahrgästen schützen.

© dapd

Nach Vergewaltigung: Kameras sollen Taxifahrer schützen

Nach der Vergewaltigung einer Taxifahrerin am Neujahrstag hat die Polizei noch keine heiße Spur. Sogar Datenschützer wären mit Kameras in jedem Wagen einverstanden - unter bestimmten Bedingungen.

Die Vergewaltigung einer Berliner Taxifahrerin am Neujahrstag entsetzt die Branche – und wirft die Frage auf, ob Taxifahrer unzureichend vor aggressiven Fahrgästen geschützt sind. Der etwa 30 bis 40 Jahre alte Unbekannte hatte die Fahrerin auf dem früheren Mauerweg nahe der A 115 bei Kleinmachnow in ihrem Taxi angegriffen und sich nach der Tat von ihr noch weiter fahren lassen, bis die Frau Hilfe holen konnte. Die Potsdamer Polizei hat nach Auskunft einer Sprecherin bisher weder eine heiße Spur zum Täter noch ein genaues Bild von ihm, weil das Taxi keine Kamera an Bord hatte. Man hoffe, dass mithilfe der Fahrerin bald eine Phantomzeichnung angefertigt werden könne. Es gehe der Frau „den Umständen entsprechend gut“.

Während die BVG ihre Busse, U-Bahnen und die neueren Trams durchweg mit Kameras ausgestattet hat, ist die Technik bei Taxis die Ausnahme. Auf etwa zehn Prozent schätzt Hans Renken, Geschäftsführer des Kreuzberger Taxiausrüsters Promobil, die Quote. Seit Jahren werde mit Datenschützern über Details wie die Dauer der Speicherung gestritten. Bei der BVG sind bisher 24 Stunden üblich, bei der Bahn 48 Stunden.

Beim Datenschutzbeauftragten Alexander Dix heißt es, der Fall sei per Bundesgesetz geregelt: Taxis seien Privatunternehmen und die Aufzeichnungen demnach „unverzüglich zu löschen“, wenn sie nicht mehr gebraucht würden. Ein Aufkleber am Auto – und am besten auch der Fahrer – müssten deutlich auf die Kamera hinweisen. Tonmitschnitte seien nicht erlaubt. Im Idealfall starte der Fahrer die Aufzeichnung, wenn ein Passagier einsteige, und lösche das Video nach Ende der Fahrt. „Die Technik muss nach diesem Grundsatz funktionieren“, sagt ein Sprecher von Dix. Das tut sie nach Auskunft von Taxiausrüster Renken allerdings nicht: Je nach Speicherkapazität blieben die Bilder teilweise zwei Tage lang erhalten. Das sei laut Bundesdatenschutzgesetz „nicht akzeptabel“, heißt es bei Dix. Als Maximum denkbar sei eine Speicherung bis Schichtende.

Völlig ungeschützt sind auch die Taxis ohne Kamera nicht: Fahrer können sich, wenn es ins Umland geht, bei der Funkzentrale – für den Fahrgast gut hörbar – abmelden. Im Notfall können sie einen Alarm betätigen, der Hupe und Blinker auslöst. Auch die Ortung per Satellit ist möglich. Doch in der Praxis sei Schutz „sehr schwierig“, sagt Detlev Freutel. Der Vorsitzende des Taxiverbandes ist nach eigener Auskunft jahrelang vor allem nachts gefahren und hat mehrere Überfallversuche erlebt. „Wenn es passiert, geht es sehr schnell“, sagt er. Außerdem helfe der Alarmknopf nichts, falls einen der Fahrgast aus dem Auto gelockt habe. Deshalb sei der beste Schutz die Intuition des Fahrers, „die Witterung, jetzt läuft was schief“. Verdächtig seien zum Beispiel Fahrgäste, die das Ziel zwischendurch änderten. Zugleich verstehe er Bedenken von Datenschützern, zumal „ein Taxi eben auch ein intimer Raum ist“.

Unter Regie der Innung gibt es einen Arbeitskreis „Taxi-Sicherheit“, der auch Sicherheitsseminare anbietet. Im Grundkurs geht es vor allem darum, Situationen mit betrunkenen oder aggressiven Fahrgästen gar nicht erst eskalieren zu lassen. Freutel hält die Kameraüberwachung für das beste Mittel – aber bei fast 1000 Euro Kosten pro Auto auch für schmerzhaft teuer. Ideal wäre eine zusätzliche Außenkamera, die Unfälle dokumentieren könnte. Das könne einerseits Fahrer entlasten, wenn sie etwa von Fahrradkurieren geschnitten würden, und andererseits Versicherungsbetrüger abschrecken, die Unfälle provozierten.

Fälle wie die Vergewaltigung sind laut Freutel „extrem selten und nicht taxispezifisch“. Auch ein Polizeisprecher nennt das Geschehen „eine absolute Ausnahme“. Auch die Zahl der angezeigten Raubüberfälle auf Taxifahrer sinke seit Jahren, so von 35 im Jahr 2009 auf 25 im Jahr 2010. Neuendorf spricht von „hohem Risiko für die Täter bei eher geringer Beute“. Aus Sicht der Polizei wären Kameras in allen Taxis wünschenswert.

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