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Chewy. Was diese unübersetzbare amerikanische Bezeichnung für eine besonders angenehm zu kauende Kekskonsistenz wirklich bedeutet, weiß man erst, wenn man Cynthia Barcomis Backwaren gekostet hat – oder nach ihrem Rezept selbst anfertigt.

© Promo

Neues Backbuch von Cynthia Barcomi: Keeekse!

Als Cynthia Barcomi 1985 mit einer Tanztruppe nach Berlin kam, ahnte sie nicht, dass sie hier zu einer Institution für amerikanisches Gebäck werden würde. „Cookies“ heißt ihr neues Backbuch.

Cynthia Barcomi muss ein nettes kleines Mädchen gewesen sein. Das Taschengeld hat sie gespart, um sich immer wieder neue Teetassen kaufen zu können. „Jede Teetasse war ein Fest“, erinnert sich die gebürtige Amerikanerin heute, die längst zu einer Berliner Institution für Gebäck geworden ist. Wenn sie damals mit den älteren Schwestern Plätzchen gebacken hat, dann haben sie zu dritt manchmal so viel vom Schokoladenteig genascht, dass am Ende kaum noch genug für die Cookies übrig war.

Inzwischen ist Cynthia Barcomi 51 Jahre alt, Mutter von vier Kindern im Alter zwischen 8 und 26 Jahren – und hat gerade ihr fünftes Backbuch vorgelegt. Es heißt schlicht „Cookies“ und verspricht 70 neue Rezepte, darunter auch sehr interessant klingende für herzhafte Knuspereien. Auch widmet Barcomi ein Kapitel den glutenfreien Cookies, denn wer Gebäck ohne Gluten essen möchte, werde es am besten selber backen. „Für mich war es eine Offenbarung, mit Alternativen zu Weizenmehl zu backen, mit Maronenmehl, Haferflockenmehl, Nüssen und Agar-Agar“, sagt sie.

Obwohl sie sich standhaft weigert, ihre eigenen Lieblingskekse zu benennen – „weil das immer von der Jahreszeit und vom aktuellen Appetit abhängt“ –, empfindet sie ihre saftigen Kastanienmehl- Brownies durchaus „als Krönung“. Auch die Chocolate-Chip-Cookies, die Ur-Cookies schlechthin, die sie als Kind besonders geliebt hat, kommen in einer glutenfreien Variante mit dunklem Reis- und Kartoffelmehl vor. Deren besondere, sehr angenehm zu kauende Konsistenz heißt auf Amerikanisch „chewy“, ist aber kaum in einem Wort zu übersetzen.

Pioniertat 1994 in der Bergmannstraße

Es gibt Kekse wie die „Checkerboards“, die sich in einem luftdichten Behälter zwei Wochen lang aufbewahren lassen. Im Grunde empfiehlt sie aber unbedingt die Cookies immer frisch zu genießen. Viel besser sei es, den Teig vorzubereiten. „Im Kühlschrank hält der sich ein bis zwei Wochen!“ Als im Winter urplötzlich Besuch kam und sie gerade überhaupt keine Zeit zum Backen hatte, erinnerte sich Tochter Esme glücklicherweise an den Teig, der im vorangegangenen August ins Tiefkühlfach gewandert war: „Das Ergebnis war fantastisch.“

Schon als Dreijährige hat Cynthia Barcomi gebacken, es war immer ihre Leidenschaft. Aber erst ging ihre Reise in eine andere Richtung. An der Columbia University in New York studierte sie Tanz- und Theaterwissenschaften und Philosophie. Als sie 1985 mit einer freien Truppe nach Berlin kam, arbeitete sie zunächst als Tänzerin. Erst nach der Geburt der zweiten Tochter war es für sie an der Zeit, etwas anderes zu machen. Brownies, Bagels und Muffins waren noch Besonderheiten in Berlin, als sie 1994 in der Kreuzberger Bergmannstraße ihre Kaffeerösterei mit Café eröffnete – eine Pioniertat.

Drei Jahre später eröffnete die gastronomische Autodidaktin noch ein Deli in Mitte. Beide Geschäfte haben ein unterschiedliches Publikum. In Kreuzberg hat sie es eher mit Laufkundschaft zu tun, in der Sophienstraße bleiben viele gern auch mal sitzen. Und ja, auch Barcomis persönlicher Appetit war programmbildend. Cheesecake war eine Leidenschaft, und der Funke sprang über: „Wir verarbeiten dafür pro Monat über eine Tonne Cream Cheese.“ In der Cookie-Variante kommt der Käsekuchen-Touch in Gestalt von Apple Caramel Cheesecake Bars auf einem Boden aus gemahlenen Amarettini, Cantuccini und Löffelbiscuits vor.

Geschmack der Deutschen habe sich geändert

Barcomis erstes Backbuch gibt es inzwischen schon in der 11. Auflage. „Viele Leute entdecken das Backen für sich“, erklärt sie den Erfolg. Auch habe sich in dieser Hinsicht der Geschmack der Deutschen geändert: „Es muss nicht mehr alles so perfekt wie industriell gefertigt aussehen.“ Hinzu kommt, dass es Zutaten wie Natron, die früher eher schwer aufzutreiben waren, inzwischen in Supermärkten gibt. Cynthia Barcomi ist streng mit sich selbst, da bricht wohl die Disziplin der früheren Tänzerin durch, aber sie ist auch streng mit ihren Lesern. „Wichtig ist, dass man wirklich alle Zutaten und die richtige Backform hat.“ Fehlt die passende Form, solle man lieber ein anderes Rezept aussuchen. Vor einigen Jahren hat sie selber eine Linie mit Küchenartikeln auf den Markt gebracht. In dem Zusammenhang sagt sie voller Stolz einen Satz, der so selten geworden ist, dass er fast exotisch klingt: „Die halten ein Leben lang, die kann man sogar vererben.“

Da hört man fast die Mutter sprechen, damals in der Familienküche in Seattle, als ihre Lust am Backen geboren wurde.

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