
© dpa/Britta Pedersen
Newsblog vom Dienstag zum Berliner Anschlag: IS will Urheber sein - Pole soll bis zuletzt gelebt haben
Der "Islamische Staat" behauptet, für den Anschlag am Breitscheidplatz verantwortlich zu sein. "Bild" berichtet von Kampf im Lkw. Lesen Sie hier die Entwicklungen des Dienstags nach.
Mit diesem Newsblog haben wir die Ereignisse am Dienstag und in der Nacht zum Mittwoch begleitet. Hier kommen Sie zu unserem neuen Liveblog für Mittwoch.
- Am Montagabend ist kurz nach 20 Uhr ein Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz gerast. Zwölf Menschen wurden getötet, 48 weitere sind zum Teil schwer verletzt.
- In dem Lkw wurde ein Pole tot aufgefunden.
- Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte schon am Abend, vieles spreche "für einen Anschlag".
- Generalbundesanwalt Frank sieht "terroristischen Hintergrund".
- Am Dienstagabend fand ein Trauergottesdienst in der Gedächtniskirche statt.
- Der zunächst festgenommene Verdächtige ist wieder frei. Es sei kein Haftbefehl erlassen worden, teilte die Bundesanwaltschaft mit.
- Der sogenannte Islamische Staat reklamiert am Dienstagabend den Anschlag für sich.
- Die Ereignisse der Nacht zum Dienstag können Sie hier nachlesen.
Das war der Liveblog vom Dienstag
Der Tag nach dem Anschlag am Breitscheidplatz brachte eine überraschende Wendung. Nachdem es am Morgen noch den Anschein hatte, als hätten die Sicherheitsbehörden mit einem jungen Pakistani den mutmaßlichen Fahrer des Lastwagen gefasst, mehrten sich im Laufe des Tages die Zweifel. Am Abend wurde der Mann freigelassen. Wenig später reklamierte der Islamische Staat die Urheberschaft des Anschlags für sich. Doch auch das ist nicht belegt.
Am Mittwoch geht die Tätersuche genauso weiter wie die politische Diskussion um Folgen des Anschlags. Wir begleiten alle Entwicklungen des Tages in einem neuen Liveblog, den Sie hier finden.Laschet kritisiert Seehofer
Die Spannungen in der Union verschärfen sich wieder, nachdem CSU-Chef Horst Seehofer frühzeitig nach dem Anschlag einen anderen Kurs in der Flüchtlingspolitik eingefordert hatte. CDU-Vize Armin Laschet kritisiert nun den bayerischen Ministerpräsidenten für seine politischen Schlussfolgerungen. Es sei nicht die „normale Herangehensweise an Politik“, schon vor Ermittlung der Fakten durch die Polizei Schlüsse zu ziehen zu ziehen, sagte er am Dienstagabend in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner spezial“.
Seehofer hatte nur 14 Stunden nach dem Anschlag gesagt: „Wir sind es den Opfern, den Betroffenen und der gesamten Bevölkerung schuldig, dass wir unsere gesamte Zuwanderungs- und Sicherheitspolitik überdenken und neu justieren.“ Zu diesem Zeitpunkt gab es Zweifel, ob ein als Verdächtiger in Berlin festgenommene Flüchtling wirklich der Täter war. Wenige Stunden später kam der Mann frei, der tatsächliche Angreifer wurde bislang nicht gefasst.
Laschet argumentierte, Seehofers Forderung ergebe keinen Sinn, solange man nicht eindeutig wisse, wer der Täter sei. „Was ist denn, wenn der Täter aus dem Inland oder aus einem Nachbarland kommt, wie bei den Anschlägen von Nizza oder Brüssel?“, fragte Laschet. Nach Konsequenzen rufen könne man „erst, wenn die Fakten auf dem Tisch liegen“. (dpa)



Auch im Ausland verstärkte Sicherheitsmaßnahmen
Wir müssen um den öffentlichen Raum kämpfen
Haseloff: "Wir befinden uns nicht im Krieg"
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff warnt davor, sich Ängsten hinzugeben. „Ich hoffe, wir behalten in Deutschland die Nerven“, sagte der CDU-Politiker der in Halle erscheinenden „Mitteldeutschen Zeitung“. „Das Thema wird aber sehr stark instrumentalisierbar sein, gerade angesichts der Wahlkämpfe im kommenden Jahr, wie wir in den sozialen Medien erleben können.“ Die Strategie der Terroristen sei es, solche Ängste zu schüren und die Gesellschaft zu destabilisieren. „Das dürfen wir nicht zulassen. Wir befinden uns nicht im Krieg, das ist etwas vollkommen anderes, und wir lassen uns den Krieg auch nicht von Salafisten in unser Land tragen.“ Der saarländische Innenminister, Haseloffs Parteifreund Klaus Boullion, hatte am Dienstag von einem "Kriegszustand" gesprochen. (mit dpa)
Trump vs. Obama: Die Reaktionen auf den Anschlag
Eine interessante Analyse der grundverschiedenen außenpolitischen Konzepte von Barack Obama und Donald Trump findet sich im US-Magazin "The Atlantic". Der Anschlag in Berlin sowie die Attentate in der Türkei und der Schweiz markierten den seltenen Fall, dass solche Ereignisse in die Übergangszeit zwischen Wahl und Amtseinführung fallen, schreibt Autor Peter Beinart. Daher ließen sich an den Statements Obamas und Trumps ihre unterschiedlichen Ansätze ablesen.
Obama orientiert sich demnach an der klassischen amerikanischen Vorstellung von einem inneren Zirkel verbündeter Staaten und dem übrigen Kreis von Staaten, die unabhängig politischer Differenzen vor derselben Herausforderung stehen: hier dem Kampf gegen den Terror. Trump hingegen legt weniger Wert auf die Staaten, sondern folgt der Vorstellung, wie sie vor zwei Jahrzehnten als "Kampf der Kulturen" beschrieben wurde. Sein Team betont die (unterstellten) religiösen Unterschiede und spricht vom Konflikt zwischen Christentum und Islam.
Dass Obamas Administration insgesamt erheblich vorsichtiger formuliert, muss wohl kaum noch erwähnt werden.
Auch die Fußball-Bundesliga gedenkt der Opfer
Zwei Frauen aus Israel und Italien vermisst
Unter den Opfern sind wahrscheinlich auch mehrere Ausländer. Nach Informationen der italienischen Nachrichtenagentur Ansa wird eine 31-jährige Frau aus Sulmona in den Abruzzen vermisst, die seit mehreren Jahren in Berlin lebt. Ihr Handy sei am Breitscheidplatz gefunden worden.
Die Familie sei noch in der Nacht zum Dienstag vom Außenministerium informiert worden, sagte der Vater der Frau der Ansa. Seine Frau und sein Sohn seien inzwischen in Berlin, wo sie auf die Ergebnisse eines DNA-Tests warteten. „Aber ich mache mir keine Illusionen.“ Die 31-Jährige, die seit 2013 in Deutschland lebte, war bei einem Transportunternehmen in Berlin beschäftigt. Sie wollte am Donnerstag für die Weihnachtstage in die Heimat fliegen.
Vermisst wird auch eine Frau aus Israel, die am Montagabend mit ihrem Mann auf dem Weihnachtsmarkt war. Der Mann, ebenfalls israelischer Staatsbürger, wurde bei der Attacke schwer verletzt. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte am Dienstag in Jerusalem, man fürchte um das Leben der Frau.
Liora Givon, Leiterin der israelischen Konsularabteilung in Berlin, besuchte den verletzten Mann am Dienstag nach Angaben des Jerusalemer Außenministeriums in einem Krankenhaus. Er sei mehrmals operiert worden, schwebe aber nicht in Lebensgefahr, berichtete das israelische Fernsehen. (dpa)
"Bild": Polnischer Fahrer lebte bis zum Anschlag
Der polnische Lkw-Fahrer, der beim Anschlag auf dem Beifahrersitz saß, hat nach Informationen der „Bild“-Zeitung bis zum Attentat noch gelebt. Das habe die Obduktion ergeben, berichtete die Zeitung in der Nacht zum Mittwoch auf ihrer Internetseite. Ein Ermittler habe von einem Kampf gesprochen. Die Rede ist auch von Messerstichen. Nach dem Attentat wurde der Pole tot im Lkw gefunden. Nach dpa-Informationen wurde er mit einer kleinkalibrigen Waffe erschossen. Von ihr fehlt bislang jede Spur. (dpa)
IMK-Vorsitzender will Gesetze verschärfen
Der Chef der Innenministerkonferenz, Klaus Bouillon, dringt nach dem Anschlag auf schärfere Gesetze. „Es gibt bundesweit zahlreiche Flüchtlinge, von denen wir nicht wissen, wo sie herkommen und wie sie heißen - da ist ein Unsicherheitspotenzial drin“, sagte Saarlands CDU-Ressortchef der „Rheinischen Post“. „Wer hier einen Asylantrag stellt und an seiner Identitätsfeststellung nicht mitwirkt, muss seinen Anspruch auf Asyl verlieren.“ Dazu werde er im Januar Vorschläge unterbreiten, sagte Bouillon. (dpa)
Terror in Berlin: Eine Übersicht
Der Anschlag vom Breitscheidplatz ist nicht der erste in Berlin: "Mifgash Israel", Maison de France, "La Belle" - die Spur des Terrors ist lang. Lesen Sie den ganzen Artikel unter diesem Tagesspiegel-Link.
Berlin trauert. Und hofft.
Leipziger gedenken der Opfer in Berlin
Auf dem Leipziger Weihnachtsmarkt ist am Dienstagabend mit einer Schweigeminute der Opfer des Anschlags in Berlin gedacht worden. Kurz nach 20 Uhr erloschen vorübergehend die Lichter des großen Baumes, und viele Besucher verharrten still im Stadtzentrum. An dem Gedenken in Leipzig nahmen auch Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) und Polizeipräsident Bernd Merbitz teil. (dpa)
Senator kündigt Betonpoller für Berliner Weihnachtsmärkte an
Berlins Innensenator hat am Abend zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen in Aussicht gestellt. Die Weihnachtsmärkte in Berlin sollten mit Betonpollern ausgestattet werden, sagte Andreas Geisel im "heute-journal". Allerdings ging er nicht näher darauf ein, ob dies flächendeckend geschehen soll - Berlin hat immerhin 60 Märkte im ganzen Stadtgebiet.
Im Übrigen äußerte sich der neue Innensenator nur vage zu politischen Konsequenzen, was auch an der bislang ungeklärten Täterschaft liegen könnte. Auf Nachfrage des Moderators in den ARD-"Tagesthemen" sagte Geisel, man sei über den Umgang mit Videoüberwachung im Gespräch. Eine konkrete Forderung formulierte er nicht - aber wies das Thema auch nicht zurück.Update: Bahnen fahren wieder
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