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Hartmut Mehdorn

© dpa

Noch mehr Geld für Flughafen BER: Hartmut Mehdorn: Seine letzte Schlacht am BER

Der scheidende Flughafenchef Hartmut Mehdorn mahnt dringend noch mehr Geld für den BER an. Der Aufsichtsrat findet's übertrieben. Tatsächlich haben sich die Kosten innerhalb von sechs Jahren fast verdreifacht.

Der Neue tritt immer noch guten Mutes an. Der designierte Berliner Flughafenchef Karsten Mühlenfeld, der am Montag offiziell seinen Dienst antritt, sieht die aktuellen Scharmützel um die weitere Finanzierung des BER vor der Aufsichtsratssitzung am heutigen Freitag gelassen. „Aufregung gehört vor jeder Aufsichtsratssitzung dazu. So etwas gibt es auch in der normalen Industrie. Nur wird es dort nicht öffentlich ausgetragen“, sagte Mühlenfeld am Freitag. „Es ist ein schwieriges Projekt. Es gibt drei Gesellschafter. Ich bin mir sicher, dass man sich zusammenrauft.“ Er fügte hinzu: „Ich freue mich auf den Start am Flughafen.“ Am Donnerstag stellte sich Mühlenfeld der BER-Führungsriege vor. An der Aufsichtsratssitzung in Tegel nimmt er als Gast teil.

Vor der heutigen Sitzung, bei der sich alles ums Geld dreht, gab es heftigen Streit. Der scheidende Flughafenchef Hartmut Mehdorn mahnt von Berlin, Brandenburg und dem Bund die überfällige Freigabe der 1,1 Milliarden Euro an, mit denen der Hauptstadtflughafen bis 2017 zu Ende gebaut werden soll. Mehdorn warnte: Das Geld reiche nur noch bis Spätsommer. Der Aufsichtsrat reagierte verärgert. Mehdorn übertreibe. Also nur ein dramatischer Effekt zum Abschied des Flughafenchefs? Ein Überblick über die aktuelle Finanzlage am BER:

Die bisherigen Kosten

Der Bau des neuen Großflughafens in Schönefeld sollte einmal 2,5 Milliarden Euro kosten. Als man dies 2009 auf den Weg brachte, wurden vorsorglich bereits über drei Milliarden Euro einkalkuliert. Die BER-Finanzierung setzte sich aus einem von der öffentlichen Hand verbürgten Kredit von 2,4 Milliarden Euro zusammen, aus 430 Millionen Euro Steuergeldern Berlins, Brandenburgs und des Bundes sowie 450 Millionen Euro, die die Flughafengesellschaft aus Erlösen der Airports Tegel und Schönefeld/Alt beisteuert.

Das Geld war mit der verschobenen Eröffnung 2012 weitgehend aufgebraucht. Mit der danach von Berlin, Brandenburg und dem Bund bewilligten ersten Kapitalspritze von 1,2 Milliarden Euro stiegen die BER-Kosten auf 4,3 Milliarden Euro. Der Bau der S-Bahn-Anbindung, des Autobahnzubringers und des unterirdischen Bahnhofs – über eine Milliarde Euro teuer – sind nicht eingerechnet, diese Maßnahmen wurden aus anderen Töpfen finanziert.

Jeder Monat kostet 17 Millionen Euro

Jeder Monat kostet Geld, rund 17 Millionen, und die Sanierung des verpfuschten Terminals mit der Brandschutzanlage sowieso. Im Sommer 2014 hatte der Aufsichtsrat akzeptiert, dass weitere 1,1 Milliarden Euro fließen müssen. Und zwar für die Fertigstellung des BER, inklusive der Sanierung der aus DDR-Zeiten stammenden nördlichen Start- und Landebahn, die von Mai bis Oktober 2015 geplant ist. Nicht enthalten sind, worauf Mehdorn jetzt wieder hinwies, die längst überfällige Erweiterung des Flughafens, um die rasant steigenden Passagierzahlen bedienen zu können.

Auch die „Finanzierungskosten“, also die jährlich rund 120 Millionen Euro Zinsen, die für den BER-Baukredit fällig sind, seien nicht eingerechnet. Das ist den Gesellschaftern und dem Aufsichtsrat seit Sommer letzten Jahres bekannt und war dort bislang auch unstrittig. Warum Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) die Zahlen Mehdorns „abenteuerlich“ nennt, ist daher unklar.

Privatinvestoren oder noch mehr Schulden?

Gestritten wird, wie die 1,1 Milliarden Euro aufgebracht werden. Brandenburg lehnt, getreu dem rot-roten Koalitionsvertrag, Direktzahlungen aus dem Hausalt strikt ab. Berlins Position ist ähnlich. Der Flughafen wurde aufgefordert, neue Kredite aufzunehmen – die er jedoch nicht bekommt. Eine andere Möglichkeit wäre der Einstieg privater Investoren. Doch Berlin lehnt eine Teilprivatisierung strikt ab, Brandenburg und der Bund wären dafür.

Es läuft wohl darauf hinaus, dass der Flughafen erneut einen Milliardenkredit aufnimmt, 100-prozentig verbürgt durch die Steuerzahler. Die Zinsbelastung gefährdet zugleich die Wirtschaftlichkeit des künftigen Flughafens.

Geplanter BER schafft weniger Passagiere als es sein werden

Das neue Terminal in Schönefeld schafft nach allen aktuellen Analysen nicht einmal die anfangs konzipierte Abfertigung von 27 Millionen Passagieren. Schon 2014 wurden in Tegel und Schönefeld/Alt mehr als 27 Millionen Passagiere abgefertigt. Bereits für 2017 werden 32 Millionen Passagiere erwartet. Die Pläne sehen vor, dass das BER-Nordpier verlängert wird – für ein neues Terminalgebäude für Passagiere von Billig-Airlines. Bis das fertig ist, soll das alte Schönefelder Flughafenterminal weiter in Betrieb bleiben. Für die BER-Erweiterung hat Mehdorn dem Aufsichtsrat bereits Kosten von auf kurzfristig 800 Millionen Euro und längerfristig 1,4 Milliarden Euro genannt – als Grobschätzungen.

Perspektive: 6,5 Milliarden Euro

Die Größenordnung, um die es inzwischen tatsächlich geht, ist in Brüssel gemeldet: Für das bei staatlichen Beihilfen nötige Genehmigungsverfahren sind der EU-Kommission, abgestimmt zwischen Berlin, Brandenburg und dem Bund, nicht 1,1 Milliarden Euro angezeigt worden – sondern bereits 2,2 Milliarden Euro, also doppelt so viel. Der Flughafen käme damit 6,5 Milliarden Euro teuer.

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