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Update

NSU-Terror: Polizei untersucht Spur zu Berliner Rockern

Ein DNA-Fund könnte Verbindung zwischen Berliner Rockern und dem NSU belegen. Darüber unterrichte Innensenator Henkel den Innenausschuss. Wegen einer zweiten Spur in die Region gibt es Streit zwischen Berlin und Brandenburg.

Die Polizei befasst sich derzeit mit zwei DNA-Proben, eine davon könnte eine Verbindung zwischen der Zwickauer Neonazi-Terrorzelle NSU und dem Berliner Rockermilieu belegen. Das erfuhr der Tagesspiegel aus Sicherheitskreisen. Es geht um Spuren, die am Tatort einer Rocker-Schießerei in Wedding und im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen das Neonazi-Trio Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe gefunden worden waren.

Nach Tagesspiegel-Informationen gehen die Ermittler aber nur von einer „geringen Restwahrscheinlichkeit“ der Übereinstimmung aus. Der Fund sei ein so genannter „Spur-Spur-Treffer“. Das heißt, es liegen zwei Proben mit Übereinstimmungen vor, die sich derzeit aber keiner Person zuordnen lassen.Die Bundesanwaltschaft sieht in den DNA-Spuren keinen Beweis für eine Verbindung zwischen der NSU und Berlins Rockerszene. „Die wenigen Übereinstimmungen sind nicht als Beleg dafür geeignet, dass die Spuren von ein und derselben Person stammen“, sagte der Sprecher des Generalbundesanwalts, Marcus Köhler, in Karlsruhe der Agentur dapd. Nach den Ermittlungen hätten sich „keine Anhaltspunkte für strafrechtlich relevante Verbindungen“ zwischen NSU-Mitgliedern und dem Rocker-Milieu ergeben.

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Spezialisten der Kriminaltechnik arbeiten derzeit daran, die vage Übereinstimmung mittels hochkomplizierter Verfahren zu überprüfen, um zu erfahren, ob die Spuren doch noch einer Person zuzuordnen sind. Aber auch wenn BKA und Kriminaltechniker des Berliner LKA einen direkten Zusammenhang zwischen der NSU-Mordserie und den Schüssen im Rockermilieu ausschließen, prüfen die Ermittler dennoch mögliche Hypothesen. Und dabei geht es eher um die Grauzone zwischen Rockern und Neonazis.

Dass auf einer damals in Wedding mutmaßlich von den Hells Angels auf die Bandidos abgefeuerten Patronenhülse eine DNA-Spur mit NSU-Bezügen gefunden wurde, könnte nach Ansicht der Ermittler mit den Verbindungen zwischen den Hells Angels und der rechten Szene zusammenhängen. Die Ermittler selbst sind da aber sehr vorsichtig. Möglicherweise gibt es einzelne Mitglieder, die früher als aktive Neonazis Kontakte zur NSU hatten und sich später den Hells Angels angeschlossen haben. Oder es ging um rein Geschäftliches, Waffenhandel nämlich.

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Verbindungen des Umfelds des NSU ins Rockermilieu gibt es aber durchaus. Vor allem die rechtsradikale Skinhead-Truppe „Blood and Honour“ ist sowohl im Rechtsradikalen- als auch im Rockermilieu verankert. Verflechtungen des Zwickauer Terrorzelle selbst mit der Rockerszene sind allerdings bislang nicht belegt. Auch wenn Beate Zschäpe wie berichtet 2011 im Erfurter Landgericht bei einem Rockerprozess gesichtet worden sein soll.

In einer nichtöffentlichen Sitzung des Innenausschusses hatte Innensenator Frank Henkel am Dienstag von der DNA-Übereinstimmung berichtet, sie aber nicht bewertet oder eingeordnet. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Robbin Juhnke, bestätigte, dass im Innenausschuss über mögliche Zusammenhänge zwischen Berliner Rockern und dem NSU debattiert wurde. Davon hätten der Senator und die amtierende Polizeipräsidentin Margarete Koppers „in einem nicht vertraulichen Teil“ der Sondersitzung des Ausschusses gesprochen. Der Fraktionschef der Piraten, Christopher Lauer, und der innenpolitische Sprecher der SPD, Thomas Kleineidam, betonten dagegen, dass der gesamte NSU-Rocker-Komplex im Innenausschuss vertraulich behandelt worden sei.

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Pirat Lauer sagte, er wundere sich schon, dass sich manche Abgeordnete nicht an die Vertraulichkeit hielten. „Dann muss man sich als Ausschuss auch nicht wundern, dass man manche Unterlagen nicht bekommt“, sagte Lauer dem Tagesspiegel. Denn oft würden Erkenntnisse zurückgehalten, genau mit dem Verweis darauf, dass die Vertraulichkeit nicht eingehalten werde.

Nach Tagesspiegel-Informationen gibt es noch eine NSU-Verbindung nach Berlin. Henkel hatte am Dienstag im Innenausschuss von einem weiteren Treffer beim Abgleich von Spuren in der DNA-Datenbank des BKA berichtet. So soll an einer Socke im NSU-Wohnmobil die gleiche DNA gefunden worden sein wie in einem in Berlin gestohlenen Wagen. Nach Angaben aus Berliner Sicherheitskreisen war das Auto 2002 gestohlen worden, Brandenburger Polizisten fanden es verlassen im Umland. Alle Erkenntnisse waren Berlins Behörden übergeben worden. Wie sich erst nach Auffliegen der NSU-Mordserie herausstellte, stimmen die im Wagen gefundenen DNA-Spuren mit jenen im NSU-Wohnmobil überein. Die erfolglosen Ermittlungen gegen Unbekannt seien seinerzeit aber bereits eingestellt, die Akten vernichtet worden. Ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft sagte, „wir prüfen den Fall“. Der Sprecher des Senators erklärte, er kommentiere Inhalte der vertraulichen Sitzung des Innenausschusses nicht.

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