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Im Sitzen schwitzen. Wird es kälter als 19 Grad, springen bei der BVG die Heizungen an.

© Kai-Uwe Heinrich

Öffentlicher Nahverkehr in Berlin: Kennzeichnungspflicht für Busfahrer!

„Bin ich die Auskunft?“: Berliner BVG-Chauffeure vergreifen sich im Ton, haben immer recht und kosten ihre Macht aus. Fahrgäste scheinen sie grundsätzlich nicht als Kunden, sondern als Zumutung zu sehen. Unser Autor hat genug von diesem Verhalten – und fordert Konsequenzen.

Ach, Sie glauben, man dürfe nicht pauschal über eine ganze Berufsgruppe urteilen? Da haben Sie im Prinzip recht. Aber Sie fahren wahrscheinlich auch selten in einem Berliner Bus mit.

Über die Ursachen der Unfreundlichkeit lässt sich streiten, aber klar ist: Auffällig viele Busfahrer vergreifen sich überdurchschnittlich häufig im Ton. Sind unfreundlich, mürrisch, vorlaut, rechthaberisch ... Gesamteindruck unerträglich.

Es scheint, als fühlten sich Berlins Busfahrer von ihren Gästen per se belästigt. Wer einsteigt, gilt nicht als Kunde, sondern als Zumutung. Sie wollen sich einmal grundlos anschnauzen lassen? Macht dann 2,60 Euro.

Da ist zum Beispiel der Fahrer, der an der Haltestelle vorm Ostbahnhof einen potenziellen Gast anblafft, weil der es gewagt hat zu fragen, ob die Linie 140 heute verkehre („Bin ich die Auskunft?“). Oder der Kollege an der Stresemannstraße, der einen 20-Euro-Schein nicht wechseln will („Das glaubnse doch jetzt selbst nicht!“). Oder der Kollege am Marzahner Eastgate, der Mitfahrwillige hämisch durch die Scheibe angrinst, weil er soeben die Tür geschlossen hat und jetzt losfährt – sollen die ganzen Trottel doch auf den nächsten Bus warten. Bloß drei Vorfälle aus einer Woche, einer typischen Woche, bei denen man sich fragt: Warum darf diese Berufsgruppe das eigentlich?

Busfahrer verdienen nicht so schlecht wie allgemein vermutet

Viele denken, man müsse Busfahrern ihre Frechheiten nachsehen, weil die doch so wenig verdienten und somit eh arm dran seien. Das ist in doppelter Hinsicht Blödsinn.

Erstens gibt es haufenweise Menschen in unterbezahlten Jobs, die ebenfalls für das Leben anderer verantwortlich sind und sich trotzdem nicht die Dreistigkeit eines Busfahrers herausnehmen können: Krankenschwestern, Hebammen, Assistenzärzte. Die sagen „Danke“ und „Guten Tag“. Den Satz „Na, jetzt mach schon“ hört man von ihnen eher selten.

Zweitens verdienen Busfahrer gar nicht so schlecht wie allgemein vermutet. Wer heute bei der BVG anfängt, kann mit einem Monatseinkommen zwischen 2000 und 2300 Euro brutto rechnen. Hinzu kommen Nacht- und Wochenendzuschläge. Wer länger dabei ist, schafft es auf 3500 Euro brutto. Kein Grund zum Freudentanz. Aber auch keiner, um seine Kunden wie Dreck zu behandeln. Die Kampagne "Herz und Schnauze" von 2009, mit der der Senat den Mitarbeitern im öffentlichen Dienst das Lächeln beibringen wollte, hat hier offensichtlich keinen Erfolg gehabt.

Manche Chauffeure haben wenigstens Humor. „Entschuldigung, fährt dieser Bus auch durch den Tiergarten?“ – „Na, drüberfliegen kann er ja wohl nicht.“ Kommt leider selten vor. Der im Wortsinn gemeine Busfahrer ist nicht lustig, sondern einfach nur rotzfrech.

Die Sprecherin der BVG verteidigt ihre Mitarbeiter. Gibt dem stressigen Großstadtverkehr die Schuld. Jeder Fahrer muss pro Schicht zwischen 250 und 400 Kilometer zurücklegen, dabei 200 Haltestellen ansteuern. Sie sagt, dass es natürlich auch unter Busfahrern schwarze Schafe gebe. Schon klar, aber: Der Eindruck entsteht, dass in dieser Herde die weißen Tiere die Exoten sind.

Bei der Berliner Polizei hat sich die Kennzeichnungspflicht bewährt

In den letzten Jahren habe ich keinen Busfahrer erlebt, der je einen eigenen Fehler zugegeben hätte. Verhört er sich, wird er dem Kunden vorwerfen, nicht laut genug gesprochen zu haben. Vertut er sich beim Wechselgeld, unterstellt er dem Kunden Erbsenzählerei. Besonders ärgert mich, wenn ich merke, dass sich Busfahrer nicht aus Gestresstheit oder sozialem Unvermögen danebenbenehmen, sondern weil sie ihre Macht auskosten wollen. Sie entscheiden, für wen sie die Tür noch ein bisschen geöffnet halten und wem sie vor der Nase wegfahren.

Benimmkurse wären vielleicht ein Anfang. Mit den Basislektionen „Nicht genervt gucken“ und „Augenkontakt“. Fortgeschrittenen könnte man den magischen Satz „Kann ich Ihnen behilflich sein?“ beibringen. Noch effektiver wäre die Kennzeichnungspflicht. Ein kleines Schild mit Nummer oder Namen am Revers des Fahrers, das dem Gast Beschwerden ermöglicht, ohne sich umständlich Uhrzeit, Linie und Gesicht des Fahrers merken zu müssen. Wer sich für sein Verhalten verantworten muss, gibt sich vielleicht ein bisschen mehr Mühe.

Bei der Berliner Polizei hat sich die Einführung der Kennzeichnungspflicht bewährt. Warum sollten Busfahrer weniger lernfähig sein?

Dieser Text erschien zunächst als Rant in unserer gedruckten Samstagsbeilage Mehr Berlin.

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