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Altehrwürdig: Das Olympiastadion in Berlin.

© dpa

Olympia-Bewerbung: Berlin oder Hamburg? Bürgerentscheid vor der Nominierung

Rolle rückwärts: Der Deutsche Olympische Sportbund will jetzt, dass erst die Bürger entscheiden, ob sie Olympia wollen. Erst dann bestimmen die Funktionäre, ob Berlin oder Hamburg der Bewerber sein darf.

Anja Schillhaneck freut sich: „Wir finden diese Entscheidung völlig in Ordnung.“ Heiko Herberg freut sich auch: „Wir begrüßen sie sehr.“ Heiner Brandi freut sich nicht: „Wir sind nicht sonderlich glücklich.“ Und Tim-Christopher Zeelen ist zuerst „sehr irritiert über die Entscheidung“, dann korrigiert er sich und legt nach: „Nein, ich bin sogar hochgradig erregt.“ Verärgert, genau gesagt.

Schillhaneck und Zeelen sind sportpolitische Sprecher ihrer Fraktionen, Schillhaneck für die Grünen, Zeelen für die CDU, Herberg ist parlamentarischer Geschäftsführer der Piraten-Fraktion und Brandi Direktor des Landessportbunds (LSB). Sie alle reden von der Bewerbung von Berlin und Hamburg für Olympia 2024 oder 2028. Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB), Alfons Hörmann, hat in der „FAZ“ angekündigt – etwas verschwurbelt zwar, aber dennoch deutlich genug – dass der DOSB wohl erst 2015 entscheiden wird, welche Stadt er offiziell als Olympia-Bewerber nominiert. Ursprünglich sollte das Votum am 6. Dezember stattfinden. Der DOSB will sicher gehen, dass nicht nachträglich eine Masse zorniger Einwohner eine Bewerbung nachträglich mit einem Bürgerentscheid verhindern. So war eine Bewerbung von München für Olympia 2018 gescheitert. Hörmann sagte wörtlich: „Die schlechteste Variante wäre, dass wir uns auf eine Stadt festlegen und deren Bürger das Projekt dann nicht unterstützen.“ Im Klartext: Die Städte sollen erstmal liefern – den Beweis, dass die Bürger mehrheitlich hinter der Bewerbung stehen.

Der Sportpolitiker der CDU ist richtig sauer

Sportsenator Frank Henkel (CDU) will sich derzeit noch nicht festlegen – das aber mit Worten, die man als verärgert interpretieren kann: „Es gibt derzeit einen vereinbarten Zeitplan, nach dem wir uns richten. Sollte das DOSB-Präsidium Ende Oktober eine andere Entscheidung treffen und entsprechende Gespräche mit uns führen, werden wir uns dazu positionieren.“

Zurück auf Start. Bevor in Sachen Olympische Spiele in Berlin die nächsten Schritte unternommen werden, dauert es länger als geplant.
Zurück auf Start. Bevor in Sachen Olympische Spiele in Berlin die nächsten Schritte unternommen werden, dauert es länger als geplant.

© Iamgo

Am 9. Dezember entscheidet zudem das Internationale Olympische Komitee (IOC), ob es lange geforderte Reformen vollzieht. Auf diese Reformen achten zum Beispiel die Grünen sehr genau. Nur wenn das IOC Veränderungen beschließe, könnten die Grünen eine Bewerbung unterstützen, sagt Schillhaneck.

Zeelen dagegen ist sauer, weil er sich durch den DOSB bislang unter Druck gefühlt sah. „Es wäre besser gewesen, wenn der DOSB nicht bis zum 31. August vom Senat Antworten zu einer Bewerbung verlangt hätte. Es wäre schön gewesen, wenn er uns mehr Zeit für Gespräche mit den Bürgern gegeben hätte. Und es wäre schön gewesen, wenn der Fahrplan nicht mittendrin geändert würde.“

Heiko Herberg dagegen findet die Verschiebung vor allem deshalb gut, „weil damit das Bürgervotum gesetzlich richtig vorbereitet werden kann“. Er meint damit eine Änderung der Berliner Verfassung. Denn die lässt nicht zu, dass der Senat ein Bürgervotum initiiert. Das müssen schon Privatpersonen oder Gruppen aus der Zivilgesellschaft erledigen.

Die Bürger von Berlin sollen klären, ob sie Olympia überhaupt wollen, bevor der DOSB entscheidet.
Die Bürger von Berlin sollen klären, ob sie Olympia überhaupt wollen, bevor der DOSB entscheidet.

© imago/Mauersberger

Doch hier stößt Herberg auf ein Problem. Denn über den Text der Abstimmung müsse umfassend diskutiert worden sein. Wenn sich jedoch Bürger nicht eingebunden fühlten, „kann es zu einer grundsätzlichen Ablehnung kommen, da geht’s dann nicht mehr um Inhalte“. LSB-Direktor Brandi ist dagegen sauer über die neue DOSB-Linie, weil nun die Bürger von zwei Städten über eine Bewerbung quasi ins Blaue abstimmen müssten: „Außerdem kostet das ja viel Geld.“

Brandi lehnt eine Änderung der Verfassung ab. Wenn schon ein Bürgervotum, dann bitte auf Initiative einer Privatperson oder einer Gruppierung. Im Übrigen habe der LSB „keine Hinweise“ auf einen Schwenk des DOSB erhalten. Hörmann hat die Verschiebung zwar noch nicht als beschlossen dargestellt. Aber er hat sich politisch so weit aus dem Fenster gelehnt, dass klar ist, was der DOSB plant.

Olympia-Resolution wie geplant im Parlament

Auf parlamentarischer Ebene freilich bleibt alles erstmal wie gedacht. Die CDU/SPD-Koalition bringt am Donnerstag eine Resolution ins Parlament ein, in der dem IOC Bedingungen für die Bewerbung von Berlin mitgeteilt werden: darunter Bürgerbeteiligung, Transparenz, eine Reform des IOC, Nachhaltigkeit, Umweltverträglichkeit und bescheidene Spiele. Aus Sicht der CDU gibt es keinen Grund, diese Resolution zurückzuziehen, da es sich um grundsätzliche Forderungen handele. Heute findet eine außerordentliche Sitzung des Sportausschusses statt.

Die Grüne Schillhaneck sieht nun „keine Notwendigkeit mehr, die Resolution zu verabschieden. Der Zeitdruck ist weg.“ An der Resolution in ihrer Ursprungsform war sie beteiligt gewesen. Sportpolitiker von CDU, SPD, Grünen und Piraten hatten sie ausgearbeitet. Inzwischen haben Grüne und Piraten Abstand davon genommen. Für Schillhaneck kein großes Thema, weil über alles auch diskutiert werde.

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