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Mein Computer gehört mir. Die Piraten setzen sich auch mit Aufklebern für Bürgerrechte im Internet ein. Bei anderen Themen bräuchten sie allerdings mal ein Update.

© dpa

Parteitag in Berlin: Piraten fast versenkt

Auch mit dem neuen Parteichef Christopher Lauer kämpfen Berlins Piraten ums Überleben. Doch die meisten der Berliner Abgeordneten sind der Arbeit nicht gewachsen. Eine Analyse.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Eine Partei, die am Rande ihrer Existenz jongliert. Mit Auflösungserscheinungen und einem Flügelstreit zwischen linken Antifa-Aktivisten und Freiheitlich-Liberalen. Ausgebrannt und selbstbezogen, ohne erkennbares politisches Profil. Das ist das öffentliche Bild der Piraten, in Berlin und bundesweit. Im Herbst 2011 setzten sie in Berlin zum bundesweiten Höhenflug an, der schon im Sommer 2012 endete. Seitdem sitzen die Piraten in vier Landesparlamenten, im Berliner Abgeordnetenhaus mit 14 Männern und einer Frau, die mehr schlecht als recht den parlamentarischen Alltag bewältigen.

Und ohne große Perspektive. Bei der Bundestagswahl im vergangenen September kam die Partei in Berlin nur noch auf 3,6 Prozent. Lediglich in Friedrichshain-Kreuzberg reichte es für ein Ergebnis über fünf Prozent. Die Meinungsforscher sehen die Piraten in der Hauptstadt derzeit bei vier Prozent, im Vergleich zu den anderen Landesverbänden stehen sie damit noch gut da. Bei der Europawahl am 25. Mai kann der Berliner Landesverband in der bisherigen Lage wohl froh sein, wenn er besser abschneidet als Familien- oder Tierschutzpartei.

Der neue Piraten-Chef Christopher Lauer.
Der neue Piraten-Chef Christopher Lauer.

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Immerhin haben sich die Berliner Piraten am Wochenende dazu durchgerungen, einen ihrer profiliertesten, wenn auch umstrittensten Köpfe zum Parteichef zu wählen. Den 29-jährigen Christopher Lauer, geboren im Hunsrück, aufgewachsen in Bonn. Das Physikstudium brach Lauer ab, bevor er 2005 nach Berlin zog und stattdessen Kultur und Technik an der Technischen Universität studierte, 2008 mit einem Auslandsjahr in China. Seit 2011 sitzt er im Abgeordnetenhaus, bis 2013 als Fraktionschef, dann zog sich Lauer zurück.

Wahrscheinlich, weil er sich mit zu vielen Parteifreunden angelegt hatte, und es gab den Vorwurf, dass er die Mutter seiner Freundin mit einer Anstellung in der Fraktion begünstigt hatte.

Jetzt steht er wieder am Steurrad, mit dem Anspruch, das lecke Boot der Piraten noch einmal flott zu machen und die politische Präsenz in der Stadt zu stärken. Mit nur 438 zahlenden Mitgliedern (Stand: 16. Februar) ein ehrgeiziges Ziel. Programmatisch zehrt der Landesverband immer noch von einem Grundsatz- und einem Wahlprogramm, die keiner kennt. Auf der Mitgliederversammlung wurde die Programmatik um die Forderung nach Abschaffung des Verfassungsschutzes, einer „bunten und lebendigen Fankultur“ in den Stadien, nach einem besseren Schutz von Zirkustieren und einer stärkeren Bürgerbeteiligung bei der Randbebauung des Tempelhofer Feldes ergänzt. Auch für die Kultur- und Justizpolitik gibt es neue Grundsatzpositionen.

Mit alledem verorten sich die Berliner Piraten irgendwo zwischen Linken und Grünen. Im Abgeordnetenhaus gibt es auch öfter gemeinsame Initiativen aller drei Oppositionsfraktionen gegen Rot-Schwarz. Allerdings leidet die 15-köpfige Piratenfraktion darunter, dass höchstens die Hälfte ihrer Mandatsträger der parlamentarischen Arbeit gewachsen ist. Der profilierteste Mann ist keineswegs Lauer, sondern Martin Delius, der den Untersuchungsausschuss zum Flughafen BER kompetent leitet.

Ein Interview mit dem neuen Piraten-Parteichef Christopher Lauer lesen Sie hier.

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