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Die Atomkraftgegner probten den Aufstand schon mal in der Spree. Am Sonnabend erwarten sie Zehntausende zur Demo im Regierungsviertel.

© Reuters/Peter

Großdemonstration in Berlin: Party gegen die Atompolitik

Unter dem Motto "Atomkraft: Schluss jetzt!" haben die Organisatoren zu Kundgebungen und einer Menschenkette um das Regierungsviertel aufgerufen. Die Polizei erwartet einen friedlichen Verlauf. Erstmals beteiligen sich auch Berliner Clubs am Protest.

Die Großdemonstration gegen die Atompolitik der Bundesregierung darf nicht vor dem Reichstag enden. Dies hat das Verwaltungsgericht am Freitag entschieden. Eine mehrstündige Kundgebung mit etwa 60 000 Menschen, argumentierten die Richter, würde den „Rasen stark schädigen“. Obwohl die Veranstalter gegen das Urteil Rechtsmittel eingelegt haben, wird die Demo nun vor dem Hauptbahnhof beginnen und enden. Denn mit dem Aufbau der Hauptbühne musste aus Zeitgründen schon am Freitagvormittag begonnen werden. Die Route des Protestzugs bleibe aber unverändert, teilten die Organisatoren mit. Zur ersten Großdemonstration des Jahres rufen der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), die Anti-Atom-Organisation Ausgestrahlt sowie das Netzwerk Campact auf.

Die Auftaktkundgebung wird um 12 Uhr auf dem Washingtonplatz (südlich des Hauptbahnhofs) beginnen, die eigentliche Demo gegen 13 Uhr. Zwischen 14.30 und 15 Uhr wollen die Demonstranten das Regierungsviertel mit einer Sitzblockade umzingeln. Die Abschlusskundgebung soll von 16 bis 18 Uhr wieder auf dem Washingtonplatz stattfinden.

Ungewöhnlich ist, dass sechs Berliner Clubs und Veranstalter von Partys mit Wagen und DJs vertreten sein werden. Steffen Hack vom Watergate sagte dem Tagesspiegel, es gehe in der Atompolitik um die „Verdrängung von Freiräumen durch das Kapital“. Aus dem gleichen Grund habe das Watergate auch schon gegen Media-Spree demonstriert. Uta Mühleis, Geschäftsführerin von Reset, begründete das Engagement der Clubszene damit, dass man „beim Ausgehen nie weiß, ob man dabei zur Produktion neuen Atommülls beiträgt“. Hack ergänzt, dass die „Clubmacher in Berlin nicht alles der Maxime des Wachstums unterordnen“.

Der Soziologe Dieter Rucht vom Wissenschaftszentrum Berlin sagt: „Wer dachte, die Atompolitik sei eine geschlagene Schlacht, wacht gerade wieder auf.“ Das sich die Clubs beteiligen, findet Rucht „erstaunlich“. Eine weitere Gruppe dürfte die Demo dagegen kaum erreichen: die Migranten. Zwar gibt es auf der Mobilisierungshomepage einen türkischsprachigen Aufruf. Dennoch erwartet Rucht nicht, dass die „Migranten als Gruppe sichtbar werden“. Der demoerprobte grüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele hat am Freitag auch die CDU-Prominenz eingeladen, damit sie erfahre, „was das Volk denkt“.

Im Polizeipräsidium geht man von einem friedlichen Verlauf aus. Das Spektrum der Teilnehmer sei überwiegend bürgerlich. Es sei sehr unwahrscheinlich, dass sich der sogenannte Schwarze Block gewaltbereiter Autonomer in den Zug einmischen werde. Grund ist vor allem, dass zeitgleich in Schöneweide die linke Szene gegen ein Konzert der NPD protestieren will. Es gibt auch nur wenige Aufrufe in den einschlägigen linksextremen Internetseiten, bei antifa.de wird die Demo gar nicht thematisiert, stattdessen wird zur Teilnahme am Protest gegen den Castor-Transport im November im Wendland aufgerufen. Insgesamt sind am Sonnabend bis zu 3700 Polizisten im Einsatz, mehrere Hundertschaften kommen aus anderen Bundesländern. Der größte Teil soll in Schöneweide ein Aufeiandertreffen von Links- und Rechtsextremisten verhindern.

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