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Spielcasinos gibt es in manchen Straßen gleich reihenweise. Das soll sich ändern.

© Mike Wolff

Pechsträhne im Glücksspiel: Berlin geht gegen Spielhallen vor

Nach der Gesetzesverschärfung im Juni vergangenen Jahres werden kaum noch neue Casinos zugelassen. Und die Bezirke wollen ihren Kurs noch verschärfen.

In früheren Jahren war die Zahl der Spielhallen in Berlin von Jahr zu Jahr gestiegen – seit vergangenem Sommer jedoch stagniert sie. Aus Sicht der Bezirke ist das ein Erfolg des neuen Berliner Spielhallengesetzes, das im vergangenen Juni in Kraft trat und inzwischen deutlich Wirkung zeigt: „Wir haben seitdem keinen einzigen Antrag auf neue Spielhallen mehr genehmigt“, sagte der Ordnungsstadtrat von Mitte, Carsten Spallek (CDU) am Freitag. 24 Anträge auf Betrieb einer Spielhalle habe man seitdem abgelehnt, weil die Betriebe entweder zu nah – 500 Meter ist laut Gesetz die Grenze – an bestehenden Spielhallen oder unweit von von Kindern und Jugendlichen frequentierten Orten gelegen hätten. Zehn Klagen von Unternehmern seien deswegen beim Verwaltungsgericht anhängig, aber Spallek ist zuversichtlich, dass seine harte Linie gegen das Glücksspiel Bestand hat. 103 Standorte mit insgesamt 147 Spielhallen zählt der Bezirk Mitte aktuell – und mittelfristig soll die Zahl deutlich sinken, so Spallek.

Aus anderen Bezirken ist ähnliches zu hören. In Neukölln stagniert die Zahl der Spielhallen bei rund 50, sagt Ordnungsamtsleiter Horst-Holger Kalusa. Rund um die Gesetzesreform habe es viele Anträge gegeben, die allesamt abgelehnt wurden. Seitdem sei es ruhig geworden. Auch in Tempelhof-Schöneberg, wo ebenfalls rund 50 Spielhallen gezählt werden, wurde seit der Gesetzesreform kein neuer Antrag mehr genehmigt, sagt Ordnungsstadtrat Oliver Schworck (SPD). „Das Gesetz zeigt Wirkung“, freut er sich.

Gerade in jenen Bezirken, in denen Spielhallen mit ihrer grellen Neonwerbung ganze Straßen dominieren, soll die neue Hürde für zusätzliche Betriebe nur der erste Schritt sein. Fünf Jahre lang fallen bis 2011 eingerichtete Spielhallen unter den sogenannten Bestandsschutz. Ab Juni 2016 allerdings gelten die strengeren Regeln dann auch rückwirkend für ältere Betriebe. „Das wird zu einer deutlichen Bereinigung führen“, erwartet Stadtrat Schworck. Denn viele Spielhallen hätten sich in der Vergangenheit näher als 500 Meter von Konkurrenzbetrieben entfernt angesiedelt. „Da wird es eine deutliche Reduzierung geben“, sagt Schworck. Und sein Kollege Spallek prophezeit: „Ich erwarte, dass sich dann im Erscheinungsbild der Stadt etwas ändert.“ Er hofft, dass nach und nach viele Vermieter, die bisher wegen der außergewöhnlich hohen Umsätze gerne für viel Geld an Spielhallen vermietet haben, wieder mehr auf reguläre Einzelhändler und Kleinunternehmer als Mieter zugehen werden.

Noch keine Lösung haben die Bezirke allerdings für ein anderes Phänomen im Zusammenhang mit der Spielsucht: „Was uns Sorgen macht, sind die Geldspielgeräte in Imbissen“, sagt Stadtrat Schworck. Bis zu drei Geräte dürfen in Imbissen hängen, ohne dass diese unter die Regelungen für Spielhallen fallen. Viele Budenbetreiber erzielten mit den blinkenden Automaten einen „beträchtlichen Umsatz“. Aber auch diese Spielgelegenheiten wollen Bezirke wie Tempelhof-Schöneberg reduzieren: „Noch fehlen uns aber die entsprechenden Vorschriften“, sagt Schworck. „Da müssen wir nochmal ran.“ Bis dahin, so hofft er, kommen nicht zu viele bisherige Spielhallenbetreiber auf die Idee, eine Imbissbude anzumelden und so die geänderte Rechtslage zu umgehen. Nicht betroffen vom Spielhallengesetz sind neben Imbissbuden auch Internetcafés, wie die Industrie- und Handelskammer am Freitag mit Bezug auf eine Entscheidung der Senatswirtschaftsverwaltung mitteilte. Dass nun Spielhallenbetreiber versuchen werden, ihre Betriebe formal als Internetcafé zu deklarieren, halten aber Experten wie Stadtrat Schworck für nicht wahrscheinlich. Denn sobald bei Spielgeräten direkt der Gewinn ausgezahlt wird und vier oder mehr Automaten in einem Raum hängen, gelte der Betrieb automatisch als Spielhalle.

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