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Die Polizei in Brandenburg prüft den Notruf per SMS.

© David Ebener/

Polizei in Berlin und Brandenburg: Notruf per SMS und WhatsApp vorgeschlagen

Die Polizei in Brandenburg prüft den Notruf per Kurznachricht via SMS und WhatsApp. Und wie sieht es damit in Berlin aus?.

Vater, Mutter, Kind hatten sich hoffnungslos verirrt. Da standen sie nun an einem heißen Julitag in der Döberitzer Heide im Havelland und fanden nicht mehr raus. Sie wählten den Notruf – da wurde der Handy-Akku schwach. Die rettende Idee: Die Familie schickte ihren Standort über den Kurznachrichtendienst WhatsApp auf das private Telefon eines Polizisten. Dieser verständigte die Kollegen. Mit dem Rettungshubschrauber wurde die Familie aus dem Naturschutzgebiet in Sicherheit gebracht.

„Das geht doch nicht“, findet Sven Petke, ein CDU-Abgeordneter aus Brandenburg. Petke will nun, dass der Polizeinotruf in Zukunft auch ganz per WhatsApp oder SMS erreichbar ist. „Die Polizei nutzt technische Neuerungen sehr ausführlich – aber nur präventiv und strafrechtlich, zum Beispiel bei der Funkzellenabfrage“, klagt Petke. „Wenn es darum geht, die Polizei zu erreichen, ist die Situation die gleiche wie vor 70 Jahren.“

Hilfreich etwa bei S-Bahn-Schlägerei

An jedes Festnetztelefon könne man SMS schicken, die dann eine Computerstimme vorliest – nur bei der 110 klappe das nicht. „Wenn selbst die Telekom das hinbekommt, kann man das auch von der Polizei erwarten“, meint Petke. Bei einer Schlägerei in der S-Bahn etwa, in der man die Täter nicht auf sich aufmerksam machen möchte, könne der Notruf per Kurznachricht sehr hilfreich sein.

Die Polizei Brandenburg prüft zur Zeit, ob die Kommunikation mit den Bürgern über Whatsapp „perspektivisch zweckmäßig ist“, wie der SPD-Innenminister Karl-Heinz Schröter sagt. Abgesehen davon ist der Notruf seit 2009 per SMS unter der Nummer 0171 /869 2500 erreichbar – allerdings nur für Gehörlose und Hörgeschädigte, die den normalen Notruf nicht nutzen können.

Auch in Berlin gibt es den Service: Seit 2008 hat die Polizei eine Nummer geschaltet, mit der Hörgeschädigte eine SMS an ein Fax schicken können. Allerdings muss zuvor die (gebührenpflichtige) Faxvorwahl des Mobilfunkanbieters in Erfahrung gebracht werden. Diese Nummer muss dann der Ortsvorwahl und der 4664-86 418 vorangestellt werden. Selbst wenn alles richtig gemacht wird, kann es dabei laut Polizei zu „Verzögerungszeiten“ kommen. Im Jahr 2015 sei das System zehn Mal genutzt worden – über einen allgemeinen Notruf per Kurznachrichtendienst werde aber nicht nachgedacht.

In Baden-Württemberg wird bereits an einer Notruf-App gearbeitet

Bei der Gewerkschaft der Polizei Brandenburg ist man Petkes Vorschlag hingegen nicht abgeneigt. „Schön, wenn man so etwas hätte“, sagt Michael Peckmann. Wenn es im Notfall weiterhelfe, könne man darüber nachdenken – auch wenn man bei Whatsapp wegen des Datenschutzes vorsichtig sein müsse.

In Baden-Württemberg wird offenbar bereits an einer Notruf-App gearbeitet. Laut Siegfried Lorek von der Expertengruppe „Notrufe“ soll zunächst ein SMS- Notruf eingeführt werden – „als Zwischenschritt, bis entsprechende App-Möglichkeiten umgesetzt wurden“. Das könne aber noch Jahre dauern, sagt Lorek.

In zahlreichen anderen Bundesländern, die der Tagesspiegel anfragte, scheint das Thema dagegen keine Rolle zu spielen. „Die Notrufbearbeitung ist zu komplex, um sie per Kurznachrichtendienst ausreichend zu bedienen“, heißt es beispielsweise aus Hamburg. Auch Notrufexperte Lorek weiß um die Schwächen des Notrufs per Kurznachricht: „Keine Echtzeitübertragung, keine Übertragungsgarantie, keine Möglichkeit für Rückfragen.“ Die sicherste Nummer im Notfall bleibt die 110.

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