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"Autobahngold": Betrug auf dem Pannenstreifen

Auf Autobahnen finden Wegelagerer leichtgläubige Opfer. Die Täter geben vor, Probleme zu haben.

Die Polizei hat schnell einen passenden Begriff für die jüngste Masche von Betrügern geprägt: „Autobahngold“. Wobei die Autobahn echt ist, das Gold nicht. Vor allem auf dem Berliner Autobahnring registriert die Polizei derzeit zahlreiche vorgetäuschte Pannen. Auf dem Standstreifen wedeln die Täter mit Benzinkanistern und Abschleppseilen. Hält ein hilfsbereiter Autofahrer an, wird er mit blumigen Geschichten umgarnt, dass man die alte Mutter in der Klinik besuchen wolle und gerade nun das Benzin alle sei – und das Bargeld auch. Die Details der „rührseligen Geschichten“ – so ein Polizeisprecher – sind beliebig und wandelbar, doch der Kern der Geschichte ist immer gleich: Für 50 bis 150 Euro erhält man die große Gelegenheit, den „Familienschmuck“ im Wert von 2000 Euro zu erwerben.

Über 200 Fälle erfasste die Brandenburger Polizei zwischen März und Mai. Mittlerweile wird über den Verkehrsfunk („Personen auf der Fahrbahn“) vor der Masche gewarnt und dringend gebeten, nicht anzuhalten. Häufig kam die Meldung vom Autobahndreieck Nuthetal oder Schwanebeck, aber auch den Bundesstraßen 96 und 101, in der Regel fuhren die Täter einen Mercedes. Bei 13 Personen konnte die Brandenburger Polizei die Personalien feststellen – alle stammen aus Rumänien. Nach jeweils 61 bekannt gewordenen Fällen im März und April gab es 91 im Mai. Doch die Dunkelziffer der versuchten und vollendeten Taten dürfte enorm sein. Wer nicht auf den Nepp reinfällt, unterlässt es in der Regel, die Polizei über eine gefühlte Lappalie zu informieren – und wer sein Geld losgeworden ist, schämt sich häufig. Denn echter Goldschmuck ist nach Angaben der Polizei noch nie auf dem Standstreifen verhökert worden, in der Regel ist es Messing. Im Ruhrgebiet, wo die Methode schon länger bekannt ist, sprechen Polizisten deshalb von „Rumänenblech“.

Die Polizei ermittelt gegen die13 Rumänen wegen versuchten Betruges. Da das Messingblech mit gefälschten Prägestempeln in Gold verwandelt wurde, liegt ein Verstoß gegen das „Gesetz über den Feingehalt der Gold- und Silberwaren“ vor. Die Brandenburger Polizei schreibt aber auch Strafanzeigen wegen „gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr“, wenn nämlich Autofahrer mit Kanister oder Abschleppseil regelrecht zum Stopp genötigt werden. Der Sprecher des Potsdamer Polizeipräsidiums, Rudi Sonntag, betonte, dass das Anhalten auf Autobahnen unfallträchtig sei und schon deshalb unterlassen werden sollte.

In Berlin wird „Rumänenblech“ mangels geeigneter Autobahnen gerne in Fußgängerzonen oder belebten Einkaufsstraßen angeboten. Hier geht die Masche so: „Hallo, Sie haben gerade einen Ring verloren“ . Wenn der Angesprochene verneint, wird ihm den Ring gezeigt und angeboten: „Behalten Sie ihn doch, 50 Euro wären mir gerade wichtiger.“ Auch diese Geschichten variieren oft, „lageangepasst“, wie es im Berliner Polizeipräsidium hieß. Tatsächlich sind die angepriesenen Schmuckstücke täuschend echt nachgemacht, das Eichamt des Landes Nordrhein-Westfalen hat auf seiner Internetseite zahlreiche Fotos von beschlagnahmten Ketten, Ringen und Armbändern veröffentlicht (www.lbme.nrw.de).

Früher sind vor allem angeblich hochwertige Lederjacken und Lautsprecherboxen in Berlin auf der Straße angeboten worden, meist aus dem Auto heraus; die natürlich „selten günstige Gelegenheit“ wortreich angepriesen. Wie es bei der Polizei hieß, könnte der stark gestiegene Goldpreis die Hinwendung zum Edelmetall befördert haben. Zudem sei die Fälschung eines Goldrings einfacher als die einer Lautsprecherbox.

Fazit der Polizei: Leider glauben immer noch Menschen, „auf der Straße ein Schnäppchen zu machen.“

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