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Fall Sürücü: Juristen: Kaum Chancen auf neuen ''Ehrenmord''-Prozess

Drei Jahre nach dem Mord an der Deutsch-Türkin Hatun Sürücü rechnen Juristen nicht mit einer Verurteilung der beiden Brüder wegen Mittäterschaft. Auch im Fall eines neuen Prozesses stünde die Staatsanwaltschaft vor hohen juristischen Hürden.

"Die Freisprüche wären im zweiten Prozess noch wahrscheinlicher", sagte das Vorstandsmitglied der Vereinigung der Berliner Strafverteidiger, Stefan Conen, im RBB-Inforadio. Die neue Gerichtsverhandlung würde "viel komplizierter", da der bereits verurteilte Bruder Ayhan die Rolle eines Zeugens einnehmen würde.

Der damals 18-jährige Ayhan Sürücü hatte seine Schwester Hatun am 7. Februar 2005 an einer Bushaltestelle mit drei Schüssen getötet und war zu einer Gefängnisstrafe von über neun Jahren verurteilt worden. Seine mitangeklagten, älteren Brüder Mutlu und Alpaslan erhielten Freisprüche, das Urteil wurde jedoch Ende August 2007 vom Bundesgerichtshof (BGH) in Leipzig aufgehoben.

Jurist: Erster Prozess wäre hinfällig

"Der neue Prozess müsste so stattfinden, als ob es den Ersten gar nicht gegeben hat", sagte der Jurist. Andernfalls könnte der verurteilte Ayhan von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen. Auch seine alten Aussagen dürfen nicht mehr verwertet werden. Erschwerend kommt laut Conen hinzu, dass die Tat mittlerweile drei Jahre zurückliege und der Prozess sich hauptsächlich auf menschliche Erinnerungen stützen würde.

Beide Brüder befinden sich derzeit in der Türkei. Sollten sie nicht freiwillig bei dem Verfahren erscheinen, müsste gegen die Männer dringender Tatverdacht vorliegen, um einen Haftbefehl erwirken zu können, gibt Conen zu bedenken. "Juristisch können die deutschen Behörden eine Auslieferung eines türkischen Staatsbürgers aus der Türkei nicht erreichen." Es sei allenfalls möglich, das Verfahren in die Türkei abzugeben. (küs/ddp)

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