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Ex-Pirat Christopher Lauer.

© Paul Zinken/dpa

Nach Polizeischüssen in Berlin: SPD-Neuling Lauer beschimpft Gewerkschaft der Polizei

Ein Polizist schießt, und hinterher wird diskutiert: Dies ist normal. Doch nun eskaliert der Streit zwischen dem Berliner Ex-Piraten Lauer und der Gewerkschaft der Polizei GdP.

Die Gewerkschaft der Polizei hat den ehemaligen Piraten-Abgeordneten Christopher Lauer in einer Pressemitteilung als "Politclown" bezeichnet. Zuvor hatte der jüngst in die SPD eingetretene Lauer die Schussabgaben durch Polizisten in Frage gestellt. "Langsam entsteht bei mir der Eindruck, die Polizei schießt jetzt so lange jede Woche auf einen Mann mit Messer, bis der Taser da ist", hatte Lauer bei Twitter geschrieben. Wie berichtet, hat ein Streifenpolizist am Sonnabend früh in Reinickendorf einen mit einem Messer bewaffneten Mann durch einen Schuss in den Oberschenkel gestoppt. Die Beamten forderten den Mann mehrfach laut auf, das Messer fallen zu lassen. Zuletzt rief ein Beamter „Messer runter oder ich schieß dir ins Bein“. Dies zeigt ein Video eines Augenzeugen, das die „BZ“ ins Internet gestellt hat.

Ein Polizist schoss dann ein Mal, weil der offenbar betrunkene 22-Jährige weiter mit dem Messer auf ihn zulief. Es war die vierte Schussabgabe eines Polizisten auf einen Menschen seit August. In den vergangenen zehn Jahren war im Schnitt pro Jahr ein Mensch durch eine Polizeikugel getötet worden. In diesem Jahr starben zwei Menschen, ein flüchtender Einbrecher im März, ein Flüchtling vor wenigen Tagen Ende September.

Berliner Polizei soll Taser testen

Der Noch-Abgeordnete Christopher Lauer sieht offenbar einen Zusammenhang zwischen diesen Schüssen und der Beschaffung weiterer Elektroimpulsgeräte, kurz "Taser" genannt. Kurz vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus hatte Innensenator Frank Henkel (CDU) auf eigene Faust eine Ausweitung des Taser-Einsatzes angekündigt. Wie berichtet, sollen die Geräte in Kürze in zwei Polizeiabschnitten in Neukölln und Mitte auf ihre Praxistauglichkeit im Streifendienst getestet werden.

Bislang nutzt nur das SEK den Taser. In den vergangenen Jahren hatte die SPD eine Ausrüstung von Streifenpolizisten verhindert, auch die bisherigen Oppositionsparteien sind gegen das Gerät. Lauer twitterte nun: "Das kann doch nicht sein, dass es jahrelang immer nur ein paar Schussabgaben gibt und dann auf einmal fast wöchentlich."

Diese Kritik rief die Gewerkschaft der Polizei auf den Plan: "Das ist eine bodenlose Frechheit und eine Äußerung, die nicht nur absolut irrational ist, sondern auch jenseits jeglichen Menschenverstandes angesiedelt werden muss. Es ist erschreckend, dass (...) irgendwelche Politclowns darin die große Bühne wittern und derartigen Schwachsinn von sich geben", teilte Detlef Herrmann, stellvertretender Landesvorsitzender der GdP am Sonntag mit.

Diese Äußerungen wiederum ließ Lauer nicht auf sich sitzen. Beim Kurznachrichtendienst Twitter veröffentlichte er eine ganze Reihe Tweets, in denen er die Polizeigewerkschaft frontal angreift und die GdP als "Pseudogewerkschaft" diffamiert. Die Tweets zusammengesetzt, schrieb Lauer dies:

Lauer twittert gegen die GdP

"Ah, GdP widmet mir in einer Pressemitteilung einen ganzen Absatz, in dem sie mich beleidigt. Getroffene Hunde bellen. Gewählte Volksvertreter als "Politclowns" und "Schwachsinnig" zu diffamieren hilft bestimmt, dass Ansehen der Polizei zu steigern. Da kommen wohl einige nicht damit klar, wenn man kritisch nachfragt, weil sie in den letzten sechs Wochen vier mal auf Menschen schossen. Ohne Warnschuss wohlgemerkt.

Es ist ja auch durchaus möglich, dass es sowas wie nen Werther-Effekt bei Schusswaffengebrauch gibt. Man liest drüber, dass Kollegin oder Kollege schoss, unterhält sich mit den Kollegen drüber, in der nächsten ähnlichen Situation greift man sofort zur Schusswaffe obwohl man früher vielleicht auch was anderes gemacht hätte. Aber das kann natürlich alles nicht sein. Die Polizei hat immer Recht. Sie Polizei macht nie Fehler. Und weil die Polizei keine Fehler macht, ist kritisches Nachfragen Gotteslästerung und muss hart bestraft werden. Und man muss die Person natürlich übel beleidigen, am besten in ner Pressemitteilung, drunter gehts nicht.

Zum Glück nimmt selbst der Polizeipräsident die GdP nicht ernst. Selbst die eigene Truppe lacht sich über diese Pseudogewerkschaft kaputt. Das ist ein destruktiver Verein, die die ganze Zeit im Kreis sitzen und sich gegenseitig erzählen wie schlimm alles ist. Die heulen sich gegenseitig beieinander aus und steigern sich in einen Wahn, wo es dann zum Beispiel ein Problem ist, dass es bei der Einsatzkleidung keine Longsleeves gibt sondern nur T-Shirts. Oder die Jacke für den Sommer nicht Wasserdicht ist. Die GdP und ihre destruktive Art sind ein Teil des Problems.

Weil sie die Politik mit ihren Pseudoproblemen nervt und die tatsächlichen Probleme der Kolleginnen und Kollegen gar nicht bekannt werden. Ohne die GdP und die DPolG gings der Polizei deutlich besser. Aber dann hätten die ganzen Funktionäre ja keine Pöstchen mehr und man müsste sich mal wieder mit tatsächlicher Polizeiarbeit beschäftigen. Dann besser den Strammen Max markieren und überall verbrannte Erde hinterlassen."

SEK setzte Taser bisher 22 Mal ein

Die Elektropistolen schießen Pfeile ab, die mittels Drähten mit einer Batterie in der Pistole verbunden sind und beim Auftreffen starke Muskelkontraktionen und Schmerzen verursachen. Das SEK nutzt die Geräte seit dem Jahr 2001, bislang gab es 22 Einsätze, überwiegend gegen Menschen die Suizid verüben wollten. Einen Bericht über einen Selbsttest lesen Sie hier.

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