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Die Bauern kennen den Weg. Sie waren nämlich schon einige Mal hier - wie 2009.

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Update

Protest in Friedrichshain und Mitte: Tausende Bauern rollen im Traktor nach Berlin

Bis zu 20.000 Menschen treffen sich gerade am Potsdamer Platz. Aber warum sind sie eigentlich hier? Und wie lange dauert die Fahrt in so einem Trecker? Wir sprachen mit einem Landwirt.

20.000 Bauern aus ganz Deutschland rollen am heutigen Sonnabend zur großen Demonstration unter dem Motto "Wir haben es satt" in die Innenstadt - am Potsdamer Platz stauen sich bereits die Traktoren. Straßen sind gesperrt; BVG-Busse kommen nicht mehr durch. Um 11 Uhr eine Auftaktveranstaltung geplant. Der Tross rollt dann durch das Regierungsviertel zum Kanzleramt. Es wird zu Verkehrsbehinderungen kommen. Einer der Teilnehmer der Demo ist der 49-jährige Stefan Palme aus der Uckermark.

Herr Palme, wie lange dauert eigentlich die Fahrt von ihrem Betrieb mit dem Trecker nach Berlin?

Vom Gut Wilmersdorf bei Angermünde sind es gut 90 Kilometer. Da ich nicht auf der Autobahn fahren darf, bin ich drei Stunden unterwegs.

Allein?

Nein, aus meinem Betrieb kommt noch ein Kollege mit. Zwei weitere Traktoren machen sich aus dem Nachbardorf auf den Weg. Um fünf Uhr in der Frühe ist gemeinsame Abfahrt.

Warum nehmen Sie die Belastungen auf sich?

Ich ärgere mich sehr über die Benachteiligung von uns Bio-Bauern durch die Politik und den Deutschen Bauernverband. Wenn wir jetzt nichts ändern, geht es der ganzen Bio-Branche an den Kragen.

Reicht die Nachfrage nach Bio-Produkten nicht aus?

Doch, die Zuwachsraten sind enorm. Allerdings importiert Deutschland den größten Teil der Premiumprodukte der Landwirtschaft, statt die regionalen Märkte zu stärken. Seit Jahren verharrt der Flächenanteil der Öko-Landwirtschaft in Brandenburg bei zehn Prozent.

Woran liegt das?

Ein Sportler erzielt mit Doping in der Regel bedeutend höhere Leistungen als ein Athlet ohne unterstützende Substanzen. Die Bio-Branche will und muss ohne Chemie auskommen und erzielt gegenüber der konventionellen Landwirtschaft geringere Erträge. Dafür brauchen wir einen finanziellen Ausgleich. Derzeit bekommen alle aber die gleichen Subventionen.

Warum brauchen wir unbedingt eine einheimische Bio-Branche?

Damit wir Folgen einer Monokultur, wie wir das gerade beim Mais erleben, vermeiden. Die Artenvielfalt in der Tier- und Pflanzenwelt nimmt sonst erheblich Schaden, wie wir das in unserem Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin feststellen müssen. Leider erzielen die immer größer werdenden Agrargesellschaften ihre kurzfristigen Gewinne auf Kosten der Natur. Da ist wenig nachhaltig. Außerdem verschwinden immer mehr dörfliche Strukturen auf dem Lande, wenn nur noch Großbetriebe überleben.

Was erhoffen Sie sich von der Demo?

Aufmerksamkeit für die Sorgen der Bio-Branche, die unser ganzes Land betreffen. Wir fordern eine viel bessere finanzielle Unterstützung, damit sich nicht zuletzt wieder mehr konventionelle Betriebe für die Bio-Branche entscheiden.

Der Demonstrationszug startet heute um 11 Uhr mit einer Auftaktkundgebung auf dem Potsdamer Platz. Von dort geht es auf der Leipziger Straße in die Wilhelmstraße. Dann überquert der Zug die Straße Unter den Linden. Über die Neustädtische Kirchstraße, die Dorotheenstraße , die Scheidemannstraße und die Heinrich-von-Gagern-Straße wird das Bundeskanzleramt erreicht, wo die Abschlusskundgebung stattfindet. Weitere Infos unter www.wir-haben-es-satt.de

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