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Berlin ist eine Reise wert. Doch viele Touristen bleiben lieber in der Ferienwohnung als im Hotel.

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Prozess in Berlin: Illegale Ferienwohnungen: Fragen und Antworten zum Gerichtsstreit

Viele Berlin-Touristen übernachten lieber in der Ferienwohnung als im Hotel. Weil die Hauptstadt das verbietet, ziehen Vermieter vor Gericht. Heute werden erste Klagen verhandelt.

Eigentlich dürfte es sie gar nicht mehr geben. Diese schicke Ferienwohnung gleich um die Ecke vom Kudamm. Rote Wände, dunkle Sofas, großformatige Kunst an der Wand. Vermieter Olaf Bölter wirbt mit Südbalkon und offener Küche. Dafür drohen ihm hohe Bußgelder.

Denn in Wohnhäusern kommerziell Ferienwohnungen anzubieten, ist seit Mai in Berlin endgültig verboten. Bölter jedoch will das nicht akzeptieren - und zieht an diesem Mittwoch mit anderen Ferienwohnungs-Vermietern vor Gericht.

Es ist wohl der erste Prozess, der sich in Deutschland so grundsätzlich um ein Ferienwohnungsverbot dreht. Unterstützung bekommen die Kläger vom Vermittlungsportal Wimdu, bei dem sie ihre Wohnungen anbieten. Das Urteil könnte Folgen nicht nur für Berlin haben. Denn auch in Städten wie Hamburg, München, Freiburg oder Köln dürfen Wohnungen nicht mehr einfach an Touristen vermietet werden.

Wogegen wehren sich die Ferienwohnungs-Anbieter?

Gegen das Berliner Zweckentfremdungsverbotsgesetz. Das verbietet spekulativen Wohnungsleerstand, Abriss, die Umwandlung von Wohnungen in Büro- oder Gewerberäume und eben die Nutzung als Ferienwohnung. Ein Zimmer der selbst bewohnten Wohnung an Touristen zu vermieten, ist erlaubt - dauerhaft die ganze Wohnung anzubieten aber nicht.

Warum macht Berlin das?

In der Hauptstadt sind bezahlbare Wohnungen knapp. Da soll der wenige Platz nicht auch noch von Touristen blockiert werden. Der Senat geht davon aus, dass bis zu 10.000 Wohnungen bei Portalen wie Wimdu, Airbnb und 9flats registriert sind. Das wären fast so viele wie in ganz Berlin pro Jahr gebaut werden - Wohnraum für 20 000 Menschen.

Schadet Berlin durch das Verbot nicht dem Tourismus?

Das sehen Senat und Vermieter unterschiedlich. Die Landesregierung verweist auf die Kapazitäten der zahlreichen Hotels und Hostels, wo auch die Ferienwohnungs-Touristen noch unterkommen könnten. Vermieter dagegen berichten von Familien, die ihren Urlaub absagten, weil sie statt der Ferienwohnung nur Hotelzimmer bekommen konnten. In Umfragen hätten 40 Prozent der Gäste angegeben, ohne Ferienwohnung wären sie erst gar nicht nach Berlin gereist, sagt Wimdu-Anwalt Peter Vida. 

Welche Argumente haben die Vermieter noch gegen das Verbot?

Sie halten es für verfassungswidrig. Es verstoße gegen das Eigentumsrecht der Immobilienbesitzer und beschränke bei gewerblichen Anbietern die Berufsfreiheit, argumentiert Vida. Viele Anbieter sehen ihre Erwerbsgrundlage gefährdet. Sie haben für die Ferienwohnung Kredite aufgenommen, die sie nun kaum abbezahlen können. Auch dadurch seien essenzielle Grundrechte verletzt.

Kann das Gesetz den Wohnungs-Engpass überhaupt lösen?

Allein sicher nicht. Denn die Ferienwohnungen machen nicht einmal ein Prozent des Berliner Mietwohnungsmarkts aus. Das ist auch ein Hauptargument der Kläger. Der ehemalige Präsident des Berliner Verfassungsgerichtshofs, Helge Sodan, bezeichnet das Verbot in einem Gutachten als unverhältnismäßig. Die Belastungen der Vermieter stünden „in keinem vernünftigen Verhältnis“ zu den Vorteilen, die die frei gewordenen Wohnungen der Allgemeinheit bringen.

Was passiert, wenn sich ein Vermieter nicht an das Gesetz hält?

Er muss Bußgelder bis zu 100.000 Euro pro Wohnung befürchten - je nachdem, wie viel er mit der Ferienwohnung einnimmt. Allerdings kommen die Bezirke mit den Kontrollen bislang überhaupt nicht hinterher. Sie hätten noch zu viele Anträge auf Ausnahmegenehmigungen abzuarbeiten, berichtet Stephan von Dassel (Grüne), Bezirksstadtrat von Berlin-Mitte. Später im Sommer sollten sich die Anbieter aber auf deutlich mehr spontane Hausbesuche gefasst machen. Aufgespürt werden die illegalen Ferienwohnungen unter anderem über eine Art Spitzel- Internetseite, auf der Nachbarn sie anonym anschwärzen können. dpa

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