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Gesellschaftlich ist Homosexualität längst akzeptiert. Forscher suchen dennoch nach den Ursachen.

© Bodo Marks/ picture alliance / dpa

Biologie und Sexualität: Löst Immunreaktion der Mutter bei Söhnen Homosexualität aus?

Kanadische Forscher haben im Blut von Müttern schwuler Söhne Hinweise gefunden, die das Entstehen von Homosexualität erklären könnten.

Statistiken zufolge haben homosexuelle Männer häufiger ältere Brüder als heterosexuelle. Diesem „Effekt der brüderlichen Geburtsfolge“ nach steigt die Wahrscheinlichkeit, homosexuell veranlagt zu sein, mit der Anzahl der älteren Brüder eines Mannes, so Ray Blanchard von der Universität Toronto. Womöglich gelangen während der ersten Schwangerschaften mit Söhnen „männliche“ Biomoleküle ins Blut der Mutter und aktivieren die Körperabwehr. In späteren Schwangerschaften mit Söhnen löst das eine Immunreaktion aus und beeinflusst die Entwicklung im Gehirn des Embryos sowie dessen sexuelle Orientierung – so die Theorie.

Antikörper gegen ein Protein, das für die Gehirnentwicklung wichtig ist

Nun hat Blanchards Forscherteam im Blut von 54 Frauen, die homosexuelle Söhne haben, tatsächlich einen Unterschied zum Blut von 72 Müttern heterosexueller Söhne entdeckt: Sie hatten große Mengen eines Antikörpers im Blut, der sich gegen ein für die Gehirnentwicklung wichtiges Protein richtet: NLGN4Y. Dieses Eiweiß wird ausschließlich von Söhnen produziert, weil es vom Y-Chromosom stammt. Je mehr ältere Söhne die Frauen hatten, umso mehr Antikörper gegen NLGN4Y hatten die Frauen im Blut.

„Die Ergebnisse legen einen Zusammenhang nahe zwischen der Immunreaktion der Mutter und der sexuellen Orientierung der männlichen Nachkommen“, schreibt Blanchard im Fachblatt „PNAS“. Auch bei einigen Frauen, deren homosexuelle Söhne keine älteren Brüder hatten, fanden die Forscher die Antikörper – vermutlich ausgelöst durch Biomoleküle von männlichen Embryonen aus unerkannten Fehlgeburten oder durch Sperma.

Sexuelle Orientierung ist ein komplexes Phänomen

Andere Einflüsse auf die sexuelle Prägung schließe das nicht aus, betonen die Forscher, etwa hormonelle oder genetische. Außerdem sei es „klar, dass nur ein Teil der Variation in männlicher sexueller Orientierung durch solche Effekte erklärt werden könne.“ Schätzungen zufolge ist wohl nur jeder siebte schwule Mann aufgrund des Effekts der brüderlichen Geburtsfolge homosexuell. Sexuelle Orientierung sei „ganz offensichtlich ein komplexes Phänomen“.

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