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In der BVV Lichtenberg sollten Männer und Frauen abwechselnd reden.

© Rainer Jensen, Karl-Josef Hildenbrand/dpa

"Quotierte Redeliste": Senatsverwaltung stoppt Frau-Mann-Redequote

Politikerinnen und Politiker in Lichtenberg sollten immer abwechselnd reden - ein Testlauf wurde nach kurzer Zeit wieder abgeschafft. Der Senat bezweifelt die Rechtmäßigkeit.

Frauen und Männer sollen immer abwechselnd zu Wort kommen – so stellen sich die Grünen in Lichtenberg Gleichstellung vor. Eine derartige „quotierte Redeliste“ wurde im Bezirksparlament auch tatsächlich in zwei Sitzungen angewandt – umgesetzt mithilfe von Linken und SPD. Immer abwechselnd redeten Politikerinnen und Politiker. Nur wenn sich nach einem Mann keine Frau zu Wort meldete, durfte wieder ein Mann reden. Nach nur zwei Sitzungen wurde die Redequote allerdings wieder abgeschafft.

Die Senatsverwaltung für Inneres sieht eine „Einschränkung des Rederechts“ und äußerte Bedenken. Das flexible und spontane Agieren der Bezirksverordneten werde eingeschränkt und das Instrument von Rede und Gegenrede beschränkt. So könne keine lebendige Sitzung entstehen. Im Gegenteil sei zu befürchten, dass sich Abläufe verkomplizieren würden. Die Redequote sei auf der Bezirksjuristenkonferenz Ende Mai erörtert worden. Ergebnis: Dass sich Politikerinnen prinzipiell weniger als ihre männlichen Kollegen an Plenardebatten beteiligen würden, sei eine „nicht empirisch nachgewiesene Vermutung“.

„Das ist Irrsinn.“

Und: Eine Redequote ignoriere die formale Gleichheit aller Mitglieder des Bezirksparlaments, wenn Frauen grundsätzlich vor einem Mann zu Wort kämen. „Weibliche Bezirksverordnete werden bei einer Wortmeldung dazu gezwungen, als erste überhaupt sprechen zu müssen“, heißt es in dem Schreiben von Landeswahlleiterin Petra Michaelis-Merzbach. Eine Frau-Mann-Redequote würde Politikern die Freiheit nehmen, Redebeiträge abzuwarten oder auf eine Rede umgehend eingehen zu können. „Ich habe erhebliche Zweifel, ob die quotierte Redeliste überhaupt geeignet ist, dass sich weibliche Bezirksverordnete häufiger an Debatten beteiligen.“

Die Senatsverwaltung für Inneres hat alle Rechtsamtsleitungen der Bezirke von dem Ergebnis in Kenntnis gesetzt. Nachdem die Redequote in Lichtenberg also rasch wieder abgeschafft wurde, gibt es eine ähnliche Regel nur noch im Bezirk Pankow – dort allerdings so gestrickt, dass es niemand so wirklich bemerkt. Nur, wenn sich eine Frau und ein Mann gleichzeitig melden, erhält die Frau das Wort. So ist es schon seit Längerem in der Geschäftsordnung festgeschrieben. So ein Fall sei allerdings noch nicht vorgekommen, sagt BVV-Vorsteher Michael van der Meer (Die Linke). Was man in Lichtenberg versucht habe, würde er so auch nicht machen. „Das ist Irrsinn.“

Die Grünen in Lichtenberg zeigen unterdessen Einsicht: Man bedauere, dass die Rechtslage die Redeliste nicht möglich mache, sei jedoch froh über die Diskussion und die Gedanken, die sich viele Leute zum Thema gemacht hätten.

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