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Berlin: „Reichsbürger“ drohen InnenministerRechtsextreme verstärken

krude Aktionen.

Von Frank Jansen

Frankfurt (Oder) – Die Sicherheitsbehörden in Brandenburg und Berlin müssen sich zunehmend mit einem Spektrum des Rechtsextremismus befassen, das auf den ersten Blick nur irre wirkt. Selbst ernannte „Reichsbürger“ verweigern die Zahlung von Bußgeldern und Steuern, fälschen Autokennzeichen und bombardieren Verwaltungen und andere Institutionen mit Schriftsätzen, in denen die Existenz der Bundesrepublik negiert wird – mit der Begründung, das „Deutsche Reich“ bestehe fort. „Fast täglich“ gingen Hinweise ein, sagt Michael Hüllen, der beim Brandenburger Verfassungsschutz die Umtriebe der Reichsbürger analysiert. Der Nachrichtendienst versucht nun, mit Aufklärung im Internet und Veranstaltungen in Kommunen dem Spuk entgegenzuwirken.

Die Notwendigkeit zeigt sich schon anhand der Besucherzahlen. Allein am Mittwoch kamen in Frankfurt (Oder) zur Tagung in der Europa-Universität 80 Besucher, vor allem aus Verwaltungen und Polizei. Auch in Oranienburg und Cottbus waren die Säle voll. Und es gibt bizarre Geschichten.

Hüllen nennt einen Fall vom Februar. Mehr als 300 Schulen in Brandenburg bekamen einen „Erlass“ geschickt, den der „Reichskanzler“ Wolfgang Ebel, eine notorische Figur der Szene, und eine „Präsidentin des Strafsenats am Reichsgericht“ verfasst hatten. Das Schreiben, intoniert als „ausdrückliche und dringliche Vorsorgewarnung“, sollte Ängste schüren und das Vertrauen in die Stabilität der Bundesrepublik erschüttern. Ebel forderte die Schulen auf, Vorräte an Nahrungsmitteln, Trinkwasser, Decken, Kerzen und Heizmaterial anzulegen. Auch wenn sich kein Direktor und kein Lehrer daran hielt – nachgefragt wurde bei den Behörden doch.

Dass die krude Idee, das Reich wiederherstellen zu müssen, auch in Militanz umschlagen könnte, zeigt ein Fall aus dem April. Die Polizei stellte in Berlin auf dem Gelände eines Reichsbürgers größere Mengen Pyrotechnik und Chemikalien sicher, die zum Bau von Sprengsätzen taugen. Auf dem Areal stand ein Schild „Republik Freies Deutschland“. Der Besitzer war aufgefallen, weil er keine Steuern zahlte und das Finanzamt bedroht hatte.

Die Aktivitäten der Reichsbürger nähmen zu, weil sich zunehmend Rechtsextremisten politisch heimatlos fühlten, vermutet Hüllen und verweist auf das Ableben der DVU. Und der Hass trifft auch die brandenburgische Landesregierung. Kürzlich bekam Innenminister Dietmar Woidke (SPD) Post von einem „Deutschen Reichsgericht“. In dem Schreiben wird Woidke ein Verfahren angedroht – „wegen Landesverrats“. Frank Jansen

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