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Regisseur Emir Kusturica würde sich bestimmt wohl fühlen auf dem Herdelezi-Fest. Bands wie "Fanfara Kalashnikov" spielen Musik, die auch gut in seine Filme über den Balkan passen würden.

© AFP

Roma-Straßenfest in Neukölln: Fanfare, Kalaschnikow und Integration

Die Berliner Roma feiern am Sonnabend ihr traditionelles Frühlingsfest in der Boddinstraße in Neukölln. Es soll helfen, Vorurteile abzubauen.

Eigentlich dauert das traditionelle Frühlingsfest der Roma in den Balkanländern vier Tage - vom 5. bis zum 8. Mai. Die Berliner Roma beschränken sich auf den Sonnabend  und feiern ab 14 Uhr den Frühling mit einem Straßenfest in der  Boddinstraße in Neukölln mit dem Titel "Herdelezi Roma Kulturfestival". "Herdelezi" ist der Name, den muslimische Roma dem Fest geben, bei den christlichen heißt er "Djurdjev dan" - Georgstag.   Wie in Rumänien, Bulgarien oder Mazedonien wird es in Neukölln Blechkapellen auf der Straße und Open-Air-Konzerte geben.  Bands wie „Balkan Express“, das "Speed Brass Orchester Fanfara Kalashnikov"  und "Nemuritorii" spielen Musik, die an Emir-Kusturica-Filmen erinnert.

„Nemuritorii“  ist aus der Jugendgruppe des Vereins  Amaro Foro entstanden, der das Fest organisiert hat. Als „interkulturelle Jugendselbstorganisation von Roma und Nicht-Roma“ bezeichnet sich der Verein selbst. Er gehört zum deutschlandweiten Dachverband Amaro Drom.  Sich selbst organisieren und an der Gesellschaft teilnehmen – darum geht es den Roma, die sich in dem Verein engagieren. Und das Fest soll dabei helfen,  dass „Roma und Nicht-Roma“ sich begegnen -  so zur Integration und zum Abbau von Ressentiments und Vorurteilen beitragen, sagt Stephan Usung, der ein Praxissemester für sein Studium der sozialen Arbeit bei dem Verein absolvierte und sich danach dort weiter engagiert.  Nicht als Zugezogene, sondern „als ungebildet und integrationsunwillig manchmal auch als Sozialschmarotzer und Kriminelle“ würden Roma in den Medien oft dargestellt, heißt es beim Verein. Das Herdelezi-Fest schaffe hingegen „eine positive Wahrnehmung“.   Im vergangenen Jahr fand das Straßenfest schon einmal in der Boddinstraße, die zum Flughafen-Kiez gehört, in dem viele Roma wohnen, statt. Es seien 1000 Leute gekommen, sagen die Vereinsmitglieder.  Auch viele Nicht-Roma.

40 Mitglieder hat der Verein, die Hälfte von ihnen sind Roma. Sie stammen nicht nur aus Rumänien, sondern auch aus Serbien, Bulgarien, Bosnien. Oder aus Mazedonien wie der 24-Jährige Vorstandsvorsitzende Merdjan Jakupov, der vor etwas über einem Jahr über den Europäischen Freiwilligendienst  in den Verein gekommen – und auch danach geblieben ist. Er koordiniert die Jugendgruppe und hat auch das Fest mit organisiert. Sein Deutsch ist schon sehr fließend, er will es aber noch mehr verbessern, um demnächst mit einem Studium in Berlin beginnen zu können. Georgi Ivanov  ist sein Nachfolger als „Europäischer Freiwilliger“. Der 28-jährige stammt aus Bulgarien, hat dort Sozialpädagogik studiert und will sich in Berlin Anregungen holen, wie man auch dort Integrationsprojekte für Roma organisieren kann. Damit werde dort gerade erst begonnen, sagt der zierliche Mann in fast akzentfreiem deutsch.  Eine solche Feier sorge für Freundschaft, findet Ivanov. Er hat im Verein die Sozialberatung auf Bulgarisch übernommen und hilft bei der Nachmittagsbetreuung der Kinder. Gerade die Kinder der zugezogenen Roma waren oft in den Medien in der letzten Zeit. Oft ging es darum, wie schwierig es ist, sie ohne Deutschkenntnisse in den Schulunterricht zu integrieren. Am Sonnabend werden sie einen großen und sehr positiven Auftritt haben – mit einer Maskenparade.

Etwas ältere Kinder und Jugendliche führen traditionelle Tänze aus verschiedenen Ländern auf – einige auch gemeinsam mit Jugendlichen aus einem kurdischen Verein, mit dem Amaro Foro zusammen arbeitet.  Denn nicht nur die Zusammenarbeit mit deutschstämmigen Berlinern sei ihnen wichtig, sagen die Vereinsmitglieder. Sondern auch die mit türkischstämmigen.  Die Boddinstraße ist ein passender Ort, um das Miteinander mehrerer Kulturen zu pflegen – türkische, arabische, afrikanische, deutsche, und rromanes. Ein Mittelpunkt der Straße ist das „Rroma Aether Klub Theater", das ebenfalls am Fest beteiligt ist: Es  zeigt neben einer Ausstellung eine Videoprojektion am frühen Abend: "Rroma pe droma"- Roma auf den Straßen“.  Passenderweise findet das draußen statt.

Die Vereinsmitglieder sind nicht die einzigen, die sich Positives von dem Fest erhoffen. Auch das Quartiersmanagement Flughafenstraße ist beteiligt. Es ermöglicht die Finanzierung aus Mitteln des Bundesprogramms Soziale Stadt.

Mehr Informationen unter www.amaroforo.de

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