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Wohnraum ist knapp - die Mieten steigen. Experten gehen davon aus, dass berlinweit weniger als drei Prozent des Wohnraumbestandes kurzfristig zur Verfügung stehen.

© Kai-Uwe Heinrich

Berliner Wohnungsmarkt: Rot-Rot vertagt den Kampf gegen steigende Mieten

SPD und Linke in Berlin legen die Wohnungspolitik vor der Wahl im September auf Eis: Das Verbot der 15.000 Ferienwohnungen wird wohl aufgeschoben.

Vom selbst gesteckten Ziel, noch vor der Wahl wichtige Regelungen zur Begrenzung der Mieten auf dem angespannten Berliner Wohnungsmarkt zu verabschieden, rückt die rot-rote Koalition gut drei Monate vor dem Urnengang immer weiter ab. Nicht nur das stark umstrittene Wohnraumgesetz steht wegen der harten Kritik von Experten auf der Kippe, sondern auch gegen die stark zunehmende Zweckentfremdung von Wohnraum unternehmen SPD und Linke vorerst nichts. Dabei setzten vergleichbare Stadtstaaten wie Hamburg Verbote erfolgreich ein, um die Wohnungsnot zu bekämpfen.

Um vier Prozent pro Jahr stiegen die Mieten im Durchschnitt, fast vier Mal schneller als die allgemeine Teuerung. Das liegt an dem knappen Angebot an Wohnungen vor allem in Innenstadtlagen. Nach der aktuellen Leerstandsstudie der landeseigenen Investitionsbank Berlin wird Wohnraum auch berlinweit knapp: Nur noch rund 50 000 Wohnungen sind kurzfristig zu vermieten, 2,5 Prozent des Bestandes. Das Oberverwaltungsgericht schließt bei einer Quote von weniger als drei Prozent auf einen Wohnungsmangel.

Opposition, Berliner Mieterverein und Wohnungsverbände drängen deshalb den Senat dazu, Maßnahmen gegen die Wohnungsnot zu ergreifen – etwa eine Zweckentfremdungsverordnung zu erlassen. „Wenn ungerechtfertigter Leerstand, private Ferienwohnungen und der Abriss von preiswerten Wohnungen gestoppt würden, wäre das ein Mittel zur Entspannung des Wohnungsmarktes“, sagt Andreas Otto, wohnungspolitischer Sprecher der Grünen. Schon im Januar brachte er einen entsprechenden Antrag im Abgeordnetenhaus ein – und erzielte einen Teilerfolg: Mit den Stimmen von SPD und Linken forderte das Abgeordnetenhaus den Senat dazu auf, bis Ende Juni zu prüfen, ob eine abgespeckte Zweckentfremdungsverordnung erlassen werden kann. Weil Sozialdemokraten und Linke die große Lösung ablehnen, soll diese ausschließlich die Umwandlung von Wohnungen in „Gästezimmer“ betreffen.

Mehr als 15 000 Ferienwohnungen gibt es nach Schätzungen des Berliner Hotel- und Gaststättenverbandes in Berlin, über drei Millionen Übernachtungen würden dort gebucht. Hauptgeschäftsführer Thomas Lengfelder spricht in Lagen wie der Friedrichshainer Bänschstraße oder der Wilhelmstraße in Mitte von einem „professionellen Markt“.

Ein Verbot könnte also den Wohnungsmarkt spürbar entlasten. Bisher hatten die Koalition und Bausenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) die Einführung eines Zweckentfremdungsverbots stets aus zwei Gründen abgelehnt: Es stünden zu viele Wohnungen leer, und eine entsprechende Regelung müsste bundesweit getroffen werden. Beides gilt inzwischen nicht mehr. Reiner Wild, Chef des Berliner Mietervereins, sagt: „Die Föderalismusreform eröffnet für die Länder genügend Spielraum“. Der Stadtstaat Hamburg nutzt ihn: Im Bauausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses berichteten Mitarbeiter der Senatsverwaltungen an der Elbe von guten Erfahrungen mit dem Zweckentfremdungsverbot. Die Verordnung gilt dort für die ganze Stadt, erlaubt aber Ausnahmen in Wohnlagen mit ausreichendem Angebot. Andreas Otto von den Grünen sagt deshalb: „In Berlin könnte man die Verordnung für einzelne Bezirke, für Stadtteile oder sogar für Quartiere erlassen.“ Der Phantasie sei nur durch den Verwaltungsaufwand Grenzen gesetzt.

In dieser Legislaturperiode wird die Verordnung nicht kommen, heißt es aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Eine Arbeitsgruppe gebe es aber schon.

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