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Vorbeigedüst. So sah die Olympiaspur in London aus. Ähnliche Pläne gab es auch bei Berlins Olympia-Bewerbung 2000 und als Idee im Vorfeld der Fußball-WM 2006, nämlich auf der Ost-West-Achse zwischen Heerstraße und Brandenburger Tor.

© dpa/Christian Charisius

S-Bahn, BVG, Autobahn: Kann der Berliner Nahverkehr Olympia?

Expresszüge und Extra-Fahrstreifen für die Olympischen Spiele 2024: Wir haben uns auf die Spur begeben nach dem Verkehrskonzept. Könnten BVG und S-Bahn Olympia? Was bringt der Autobahn-Bau? Und wo sind die Stolperfallen?

Fanmeile während der Fußball-WM auf der Straße des 17. Juni, Silvesterfeier am Brandenburger Tor, Feuerwerk auf dem Tempelhofer Feld: Berlin hat mehrfach gezeigt, dass Bahnen und Busse bei Großveranstaltungen in der Lage sind, auch Massen von Besuchern an ihre Ziele zu bringen. Anders als 1972 in München muss in Berlin kein S- und U-Bahn-Netz mehr neu gebaut werden. Nach Ansicht des Senats ist die vorhandene Infrastruktur sogar so leistungsfähig, dass sie den Zusatzverkehr „problemlos“ aufnehmen könnte. Allerdings: Ganz so einfach dürfte es nicht werden.

AIRPORT-EXPRESS

Der BER sollte 2024 in Betrieb sein, auch wenn er dann vielleicht wieder eine Baustelle ist, weil er gerade vergrößert wird. Ob Passagiere mit dem Airport-Express auf schnellstem Weg in die Stadt kommen, ist aber ungewiss. Die kürzeste und schnellste Route führt über die Dresdner Bahn: Noch immer ist allerdings nicht entschieden, ob die zwei Gleise für den Fern- und Regionalverkehr in Lichtenrade ebenerdig gelegt werden, wie es die Bahn plant, oder in einem Tunnel verschwinden, wie es Anwohner und der Senat fordern. Selbst bei einer schnellen Einigung könnten Züge wohl nicht vor 2023 fahren. Olympische Spiele mit einem Bummel-Express seien aber nicht vorstellbar, sagte ein Planer.

S-BAHN

Innerstädtisch müssten keine neuen Strecken gebaut werden. Das auf dem Flughafengelände geplante olympische Dorf soll mit der U-Bahn über die Stationen Scharnweberstraße und Kurt-Schumacher-Platz erschlossen werden. Hier müsste nur eine – lange - Fußgängerbrücke zur Scharnweberstraße gebaut werden. Auch die seit 1980 stillgelegte Siemensbahn kann das Flughafengelände erschließen. Die Anlagen zwischen Jungfernheide und Gartenfeld sind zwar verfallen und teilweise auch abgebaut, doch die Trasse ist weiter als Eisenbahnstrecke ausgewiesen. Die Zeit, um die Gleise und Bahnhöfe wieder in Schuss zu bringen und die Strecke zu verlängern, würde bei dem Berliner Tempo allerdings sogar für 2028 knapp.

Das Olympiastadion dagegen ist durch die S-Bahn optimal angebunden. Fünf Bahnsteige mit zusammen zehn Gleisen sind vorhanden. Aus- und Zugänge führen zur Flatowallee (Südtor) sowie über eine Fußgängerbrücke zur Trakehner Allee (Osttor). 2024 und erst recht 2028 sollten nach derzeitigem Stand auch die für den Ring vorgesehenen neuen Züge ausgeliefert sein, sodass es keinen Fahrzeugmangel geben dürfte.

Wenn der Senat spurtet, könnte auch die Anfahrt aus dem Westen Spandaus bequemer werden. Die Zeit dürfte reichen, um die S-Bahn Richtung Stadtgrenze zu verlängern, wie es der Senat ja plant. Fertig sein werden wohl die Umbauarbeiten an den Stationen Ostkreuz und Warschauer Straße, was nach den aktuellen Plänen bereits Ende 2017 so weit sein soll. Und nach dem Terminplan müsste sogar die einzig derzeit in Bau befindliche Strecke, die sogenannte S 21 vom Nordring zum Hauptbahnhof, in Betrieb sein; vorausgesetzt, die Arbeiten an dem sehr teuer gewordenen Projekt werden nicht eingestellt. Der Bund, der den Bau zu 60 Prozent finanziert, hat, wie berichtet, eine neue Nutzen-Kosten-Untersuchung verlangt. Der vorgesehene Weiterbau bis zum Potsdamer Platz wäre bis 2024 aber wohl nicht zu schaffen.

U-Bahn

Zu Olympischen Spielen sollen auch auf der U 5 auf voller Länge von Hönow bis zum Hauptbahnhof Züge fahren. Obwohl die Tunnelbohrmaschine „Bärlinde“ derzeit immer noch ihre unfreiwillige Pause macht und sich erst im April wieder drehen wird, soll der Lückenschluss zwischen Alexanderplatz und Brandenburger Tor dann geschlossen sein. Die BVG peilt dafür immer noch den Sommer 2020 an.

Und wie bei der S-Bahn wird es nach derzeitigem Stand dann bei der U-Bahn auch auf den sogenannten Großprofilstrecken U 5 bis U 9 neue Fahrzeuge geben. Die BVG braucht den Nachwuchs ohnehin – unabhängig von den Spielen. Und Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) hat bereits signalisiert, dass es für neue Bahnen Geld geben wird. 58 Millionen Euro hat er bis jetzt bewilligt. Im Kleinprofil der Linien U 1 bis U 4 mit den schmaleren Fahrzeugen können, wenn der Probebetrieb erfolgreich ist, die bestellten 24 neuen vierteiligen Züge zum Olympiastadion fahren; auch die zehn weiteren per Kaufoption vorgesehenen Einheiten könnten dann gebaut sein. Sieben davon will die BVG, wie berichtet, auch auf dem Großprofilnetz der Linien U 5 bis U 9 mit den breiteren Tunneln fahren lassen.

Und die Spiele könnten vielleicht dazu führen, dass der U-Bahnhof Olympiastadion einen zweiten Zugang erhält. Heute stauen sich vor den beiden Treppen im Empfangsgebäude zu den Bahnsteigen schon die Massen, selbst wenn das Stadion auch bei Bundesligaspielen von Hertha BSC nicht gefüllt ist.

REGIONALVERKEHR

Auch der Regionalverkehr würde vom Ausbau der Dresdner Bahn profitieren, über deren Gleise zudem Fernzüge Besucher aus dem Großraum Dresden schnell ins Zentrum bringen würden. Weitere Streckenneubauten wären nicht erforderlich. Unabhängig von den Spielen plant die Bahn derzeit den Wiederaufbau der Gleise neben dem S-Bahnring zwischen Halensee und Tempelhof. Hier könnten auch Personenzüge umgeleitet werden.

Wiederbeleben könnte sich die Idee eines Regionalbahnsteigs am Olympiastadion. Bereits zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 hatten dies die Grünen vorgeschlagen. Sie wollten unterhalb der Olympischen Straße für rund zwei Millionen Euro einen provisorischen Haltepunkt einrichten, damit fahrplanmäßig stündlich 10.000 Besucher hätten anreisen können. Die Bahn hatte den Vorschlag abgelehnt. Auch jetzt ist ein Halt am Olympiastadion im – bisher mageren – Verkehrskonzept nicht vorgesehen.

OLYMPIA-EXPRESS

Herz der Bewerbung für die Spiele 2000 war bei den Verkehrsplanern der Olympia-Express, der das olympische Dorf auf der Halbinsel Stralau mit dem Olympiastadion verbinden sollte – auf Gleisen der Fernbahn oder der S-Bahn. Ausgearbeitet war das Konzept nicht, das Planer heute als „Schnapsidee“ bezeichnen. Ein Olympia-Express taucht in den Unterlagen für die neuerliche Bewerbung auch nicht mehr auf.

STRASSENBAHN

Ob Olympia das Schneckentempo beim Ausbau des Straßenbahnnetzes beschleunigt, ist zweifelhaft. Pläne gibt es, doch baureif ist nichts. Zumindest 2024 dürfte im Zentrum keine weitere Strecke fertig sein – nicht die vorgesehene Verlängerung vom Hauptbahnhof zur Turmstraße und erst recht nicht die Verbindung vom Alexanderplatz über die Leipziger Straße zum Kulturforum. Wenn es gut geht, kann jedoch die Lücke in Adlershof zwischen der Karl-Ziegler-Straße und dem S-Bahnhof Schöneweide geschlossen sein.

BUS

Olympia könnte das Busspur-Netz wachsen lassen. Sportler und Betreuer sollen mit Shuttlebussen vom olympischen Dorf auf das dann geschlossene Tegeler Flughafengelände zu den Sportstätten fahren. Damit sie nicht stecken bleiben, könnte man weitere Busspuren schaffen; vorübergehend oder auch auf Dauer. „Olympiaspuren“ gehörten bereits zum Konzept für die 2000er Bewerbung. London bot sie 2012 auch an. Die mehrstreifigen Magistralen ließen dies auch in Berlin zu. Auch im Vorfeld der Fußball-WM 2006 hatte es diese Idee gegeben.

BARRIEREFREI

Bahnhöfe der BVG sollen bereits 2020 barrierefrei zugänglich sein – unabhängig von Olympia. Bei Spielen müssten defekte Anlagen aber schneller als jetzt in vielen Fällen repariert werden.

STRASSE

Nach derzeitigem Stand ist 2024 der im Bau befindliche Abschnitt der Stadtautobahn vom Dreieck Neukölln zum Treptower Park fertig, wodurch Innenstadtstraßen entlastet werden sollen. Und vielleicht gibt es bei einem Zuschlag auch mehr Geld, um vorhandene Straßen sanieren zu können. Die Verkehrslenkung Berlin, die Baustellen genehmigt, sollte bis dahin die versprochenen zusätzlichen Mitarbeiter erhalten haben.

Die Telefon-Umfrage zu Olympia hat begonnen. Seit diesem Wochenende klingelt das Telefon in so manchem Haushalt einmal mehr. Es wird nach Olympia gefragt. Bis zur Entscheidung dauert es aber noch. Hier ist der Olympia-Terminplan. Lesen Sie mehr unter diesem Tagesspiegel-Link.

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