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Schmuck. Die Sanierung der Staatsoper kommt voran - aber wie?

© R. Schönball

Sanierungsgau: Berliner Abgeordnete besuchen Baustelle der Staatsoper

Eröffnen sollte sie vor zwei Jahren. Nun könnte eine Teilöffnung nächste Jahr erfolgen. Aber auch daran mögen Berlins Abgeordnete nicht wirklich glauben bei einem Baustellenbesuch am Freitag.

Kraftwerk („Das Model“) kommt gut im Probesaal. „Musik gibt’s schon mal“, sagt ein Abgeordneter zum Soundtrack vom Kofferradio. „Boah, was’n hier los“, entfährt es einem Gerüstbauer beim Anblick des Parlamentarier-Trosses. Es riecht nach glühendem Stahl, bearbeitet von einer Flex, graue Kabel hängen in Bündeln von den Decken, frisch gegossener Beton wechselt ab mit schmutzigweißen Wänden, hier und da klebt noch Stockornament an Versatzstücken der Decke. Die Staatsoper Unter den Linden ist nach ihrer geplanten Wiedereröffnung vor zwei Jahren eine einzige Baustelle.

Nebenan feiert das Schloss Richtfest - ganz im Plan

Was für ein Kontrast an Berlins berühmtesten Boulevard: Gegenüber feiert das Schloss an diesem Tag Richtfest und der Bund hat Zeitplan sowie Kosten voll im Griff. Immerhin setzt die Bauherrin der Staatsoper, die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung unter Leitung von Senatsbaudirektorin Regula Lüscher, auf Transparenz, seitdem das Projekt hoffnungslos aus dem Ruder läuft. Deshalb steigen die Abgeordneten nun alle halbe Jahre in große gelbe Gummistiefel, setzen Bauhelme auf und suchen im Baustaub nach Ursachen für das Desaster.

"Das wird eine wunderschöne Oper"

Andreas Otto von den Grünen ist „das fünfte oder sechste Mal“ dabei – „und bei jedem Besuch kostet die Sanierung hundert Millionen Euro mehr“. Gefühlt, muss man der Genauigkeit halber hinzufügen, aber wer nimmt dieses Projekt überhaupt noch Ernst? „Das wird eine wunderschöne Oper“, sagt der Chef des inzwischen eingesetzten Untersuchungsausschusses Wolfgang Brauer (Linke) und fügt hinzu: „Wenn’s mal fertig wird“.
Vor zwei Jahren sollte das eigentlich gewesen sein. Dass nächstes Jahr wenigstens die komplett neu gebaute Probebühnen in Betrieb gehen, glaubt auch nur, wer will. Und was kostet das, wenn es mal alles steht? „Uns wurden jetzt 400 Millionen Euro präsentiert“, sagt der Chef-Aufklärer. Aber er traue dem Frieden nicht.

Die Neuen tragen es mit Fassung

Nicht ganz so fatalistisch sind da die Neuen: „Es ist eben ein komplexes Bauwerk“, sagt Gregor Költzsch von der SPD in Lichtenberg, der vielleicht besser nicht den dunklen Anzug hätte überstreifen sollen, auf dem sich der Baustaub wie Raureif ablegt. Das Grundwasser sei in Mitte ja auch ein Problem. Der Nachrücker im Parlament steht wie eine Wand hinter seinen Genossen, unter deren Verantwortung die Sanierung verbockt wurde. Erst auf hartnäckiges Nachfragen räumt er ein, dass auch die Beherrschung von Großprojekten mal ein Thema sei, ein „systemisches“, wie er sagt. Das tut niemandem weh.

Die Frage ist: Wer wollte die vielen Extras?

Da ist der Grünen-Abgeordnete Oliver Schruoffenegger schon von anderem Schrot und Korn: „Die Frage ist doch, wer hat welche Anforderungen an die Sanierung gestellt und wann“. Und er gibt auch gleich die Antwort: Dass der Regierende a.D. Klaus Wowereit es wollte und zwar schnell, sei ja bekannt. Und die „inhaltlichen Anforderungen“ habe Staatsoper-Chef Daniel Barenboim gestellt. Schon ist es in der Welt, das Bild der zwei Macher, die kumpelhaft mal eben die neue Pracht-Oper Unter den Linden beschließen. Präzise Planung? Passt schon! Aber das sind Gerüchte und Mutmaßungen – und deshalb will Schruoffenegger den vollständigen senatsinternen Briefwechsel zu der Sanierungsplanung. Aufklärung ist in „Untersuchungsausschüssen“ aber eine parteipolitische Angelegenheit: Beantragt wurde stattdessen das „Projekthandbuch“.

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