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Nach rechten Tagungen: Schmargendorfer Ratskeller-Chef soll gekündigt werden

Im Westen der Stadt gibt es erneut Ärger um politische Veranstaltungen im Ratskeller Schmargendorf: Die BVV fordert den Rauswurf des Wirts nach rechten Tagungen. Der Wirt hatte aber eine Genehmigung.

Mit den Stimmen der rot-grünen Mehrheit hat die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Charlottenburg-Wilmersdorf jetzt gefordert, dem Wirt „schnellstmöglich“ zu kündigen, da er „rechtsextremen und deutschnationalen Veranstaltungen ein Forum“ biete. Doch so einfach liegen die Dinge offenbar nicht: Vor einer umstrittenen Veranstaltung im Dezember hatte der Gastronom eigens beim Bezirksamt und der Polizei angefragt, ob diese unbedenklich sei – und grünes Licht bekommen. Die Verwaltung nimmt den Wirt des vor allem für Hochzeitsfeiern bekannten Lokals unter dem Standesamt im Rathaus Schmargendorf deshalb in Schutz.

Bereits 2009 hatte die Grünen-Fraktion eine Diskussion über regelmäßige „Dienstagsgespräche“ im Ratskeller angestoßen, die inzwischen andernorts stattfinden. Zu den Teilnehmern gehörten die damaligen Parteichefs der NPD und DVU. Gastwirt Thomas Rau will zuerst nicht gewusst haben, um wen es sich bei seinen Gästen handelte, dann lud er den Veranstalter aus. Laut Mietvertrag sind Zusammenkünfte „staatsfeindlicher Personen oder Gruppen oder Gegner der Demokratie“ tabu.

Aktuell geht es zum einen um die Podiumsdiskussion einer neuen Zeitschrift namens „Compact“. Daran nahmen Anfang Dezember der Chefredakteur der rechtsorientierten Zeitschrift „Junge Freiheit“ sowie die Rapperin „Dee Ex“ teil, deren Songtexte unter Kritikern als nationalistisch gelten. Als Zuhörer soll der Landesvorsitzende der NPD dabei gewesen sein. Außerdem tagte in dem Lokal vor wenigen Tagen die Bezirksgruppe der Partei „Die Freiheit“, die der ehemalige CDU-Abgeordnete René Stadtkewitz gegründet hat.

Baustadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU) bestätigt, dass der Wirt sich vor der Veranstaltung im Dezember bei der Immobilienverwaltung erkundigt und erfahren habe, dass es keine rechtlichen Bedenken gebe. Dies gab Gröhler vorab auch im Bauausschuss bekannt. Beim Diskussionsabend saß dann offenbar ein Polizist im Ratskeller, denn die Direktion 2 teilte später mit, es seien keine Äußerungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gefallen. Gröhler will den Pachtvertrag nicht kündigen, das Rechtsamt soll nun eine Stellungnahme zum BVV-Beschluss erarbeiten.

Für den Vize-Fraktionschef der Grünen in der City West, René Wendt, sind die jüngsten Veranstaltungen die „letzten Tropfen“, die das Fass zum Überlaufen gebracht hätten. Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Fréderic Verrycken sagt, es handele sich nicht um Einzelfälle. Wendt gibt zu, dass der Bezirk rechtspopulistische Veranstaltungen in bezirkseigenen Sälen meist nicht verhindern könne. Der Ratskellerwirt habe diese Möglichkeit jedoch. Die BVV sei keine „Geschmackspolizei“, so der Grünen-Politiker, aber Gruppierungen vom „rechten Rand“ wolle man fernhalten.

Aus Sicht von Eiko Behrens, Bezirksvorsitzender der Partei „Die Freiheit“, wird „die Meinungs- und Versammlungsfreiheit mit Füßen getreten“. Die Mitglieder seien „keine Extremisten und keine Radikalen“. Eigentlich habe er geplant, die Versammlungen in wechselnden Lokalen auszurichten, doch nun wolle man erst recht weiter im Ratskeller tagen und sich „solidarisch mit dem Wirt zeigen“.

Dieser fürchtet um seinen Betrieb mit drei Mitarbeitern und zeigt sich fassungslos: „Ich stehe dem Rechtsextremismus in keiner Weise nahe.“ Außerdem sei es unmöglich, aus dem Namen eines Kunden zu folgern, für welche Gruppe dieser einen Termin reserviere. Im Zweifelsfall frage er das Bezirksamt und die Polizei, so Rau. „Was soll ich denn noch tun?“ Von Stadtkewitz’ Partei habe er bisher gar nichts gewusst. Unter dem Druck der BVV werde er sie jedoch ab sofort nicht mehr bewirten.

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