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Berlin: Schön hässlich

Hollywood-Regisseur Joe Wright dient Berlin in seinem neuen Actionfilm als düstere Drohkulisse

Von seinem Sessel im Hotel Adlon kann Joe Wright das Brandenburger Tor sehen. Er findet es langweilig. Zu schön. In seinem neuen Film „Wer ist Hanna“, der zu großen Teilen in Berlin spielt und für den Wright am Wochenende hier Werbung machte, zeichnet der Hollywood-Regisseur stattdessen ein düsteres Bild der Hauptstadt und schwärmt von ihrer „Schönheit im Hässlichen“.

Ex-CIA-Agent Erik, der im Film von Eric Bana gespielt wird, wirkt gehetzt, als er den Zentralen Omnibusbahnhof am Funkturm erreicht. Unter den Berlinern fällt er damit nicht auf. Es ist die erste Szene des Films, die in Deutschland spielt. „Der nächste Bus hat 20 Minuten Verspätung. Wir bitten um ihr Verständnis“, knarzt es aus den Lautsprechern. Für den Protagonisten ist es der Willkommensgruß in Berlin, Regisseur Joe Wright dient es als Metapher für Zivilisation. „Ich wollte Berlin nicht als Berlin porträtieren, sondern als Stadt des 21. Jahrhunderts“, erzählt Wright.

Im Film lässt er damit Welten aufeinanderprallen: Hanna, verkörpert von der gerade 17-jährigen amerikanischen Schauspielerin Saoirse Ronan, wächst abgeschnitten von der Gesellschaft zusammen mit ihrem Vater Erik in einer Hütte in der Wildnis Finnlands auf. Der bildet sie mit hartem jahrelangem Training zur eiskalten Killerin aus. Sie spricht ein gutes Dutzend Sprachen fließend, die Welt kennt sie derweil nur aus Büchern. Doch sie will mehr. Als ihr Vater sie nicht länger zurückhalten kann, schickt er sie auf eine tödliche Mission, die beide quer durch Europa reisen lässt.

Ziel der Reise ist Berlin, das Regisseur Wright als ungastliche Drohkulisse für die weltfremde und von allem faszinierte Hanna entwirft. „Ich sagte meinen Locationscouts: Zeigt mir die ungewöhnlichsten Orte Berlins“, erinnert sich Wright. Herausgekommen ist eine in zeitlicher und geografischer Abfolge völlig unplausible Melange aus Internationalem Congress Centrum, Kreuzberger Plattenbausiedlung und Spreepark. „Absicht“, behauptet Wright. „Der Film sollte wie im Traum ablaufen.“

Dazu passen die unwirklich wirkenden verlassenen Fahrgeschäfte im ehemaligen Vergnügungspark im Plänterwald. In den Tierfiguren und bunten Häuschen manifestiert sich der märchenhafte Charakter des Films. Für Joe Wright ist die Szenerie ein absoluter Glücksgriff. „Wir haben das Skript um den Drehort herumgeschrieben.“ So wurde aus dem Vergnügungspark das Set für das große Finale. Wo früher Kinder spielten, trifft Hanna auf ihren „Bösen Wolf“, auf Cate Blanchett in der Rolle einer Geheimagentin.

„Wir haben diese ungewöhnlichen und unbekannten Orte genommen, weil wir die Welt aus Hannas Perspektive zeigen wollten“, erklärt Wright. So befremdlich wie auf sie sollen sie auch auf den Zuschauer wirken. Das Berlinbild, das dabei entstanden ist, findet er passend. Und nein, hässlich habe er die Stadt eigentlich nicht darstellen wollen, sagt Wright. Ohne das Wahrzeichen Berlins beleidigen zu wollen, finde er Kreuzberg in all seiner Hässlichkeit eben einfach schöner als das Brandenburger Tor.

„Wer ist Hanna?“ kommt am 26. Mai in die Kinos

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