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Der Neue. Thomas Heilmann (rechts), Unternehmer, Volljurist und nun der nächste Justizsenator, war selbst überrascht, dass der CDU-Landesvorsitzende Frank Henkel diese Personalie so schnell bekanntgab. Eine Stellungnahme wollte er dazu am Dienstagabend noch nicht abgeben: Er sei noch im Urlaub, teilte er nur mit. Vom Koalitionspartner SPD wurde die Entscheidung für Heilmann wohlwollend kommentiert.Foto: Zinken/dapd

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Berlin: Senator im zweiten Anlauf

Thomas Heilmann wurde zunächst übergangen. Nun übernimmt der CDU-Vize das Justizressort.

Die Suche dauerte rund drei Wochen, aber am Schluss ging alles schneller als erwartet. Als der CDU-Landesvorsitzende Frank Henkel am Dienstagabend überraschend bekanntgab, wer der künftige Justiz- und Verbraucherschutzsenator Berlins werden soll, wurden davon nicht nur etliche CDU-Parteifreunde und Politiker des Koalitionspartners SPD überrascht. Auch der Auserwählte selbst, der Unternehmer und Volljurist Thomas Heilmann, hatte nicht damit gerechnet, dass der Parteichef die in den vergangenen Tagen vereinbarte Personalie schon so schnell bekanntgeben würde. „Bin noch im Urlaub“, teilte Heilmann dem Tagesspiegel, der ihn um eine Stellungnahme bat, gestern Abend mit. „Veröffentlichung wurde kurzfristig angesetzt.“

Mit dem überraschenden Schachzug, den er in den vergangenen Wochen nur mit wenigen Parteifreunden besprochen hat, will CDU-Chef Henkel den Diskussionen über den holprigen Start seiner Partei in der Regierungskoalition ein Ende bereiten. Vor rund drei Wochen war der Wunschkandidat der Parteiführung im Amt des Justizsenators, der Anwalt, Notar und stellvertretende CDU-Landesvorsitzende Michael Braun, wegen massiver Vorwürfe hinsichtlich seiner Rolle bei der Beurkundung sogenannter Schrottimmobilien unfreiwillig aus dem Amt geschieden.

Danach hatte Henkel über Berlin hinaus nach einem Nachfolger gesucht. Der Werbe- und Kommunikationsexperte Heilmann gehörte aber dem Vernehmen nach zur engeren Wahl. „Wir haben eine überzeugende Lösung angekündigt, und ich bin sicher, dass wir sie gefunden haben“, sagte Henkel nun. Er lobte Heilmann, der wie sein Amtsvorgänger Braun stellvertretender CDU-Landesvorsitzender ist, in einer ersten Stellungnahme am Abend als „eines der prägenden Gesichter der neuen CDU“. Der Parteichef und Innensenator kündigte an, „die Gremien meiner Partei in den nächsten Tagen um breiten Rückhalt für diese Entscheidung“ zu ersuchen. Kommende Woche soll die Personalie auf einem kleinen CDU-Parteitag abgesegnet werden, am 12. Januar könnte Heilmann im Abgeordnetenhaus vereidigt werden.

Für den 47-jährigen Familienvater, der in der Berliner Parteipolitik erst seit gut zwei Jahren an vorderer Stelle aktiv ist, wird damit ein Wunsch wahr, den er schon einige Monate lang gehegt hatte, wie aus der Partei zu hören ist. Bereits kurz nachdem sich nach den Wahlen im September ein rot-schwarzes Regierungsbündnis abzeichnete, war der Unternehmer als potenzieller Senator gehandelt worden, erst für Bildung, dann für Wirtschaft. Aber obwohl er sein Interesse an einem Regierungsamt mehr als deutlich gemacht hatte, kamen bei der Verteilung der Posten andere zum Zuge. Die gestrige Personalentscheidung dürfte ihn wieder mit der Partei versöhnen, ist zu hören.

Seine Parteifreunde schätzen an Heilmann vor allem, dass er hochkarätige berufliche Erfahrung in der freien Wirtschaft mit einem großen Engagement für die CDU verbindet. Der gebürtige Dortmunder kam Anfang der Neunzigerjahre nach Berlin und machte sich hier schnell einen Namen als Werbestratege. Zuvor hatte er in Bonn Jura studiert und sein Referendariat in München absolviert. Über Praktika bei „FAZ“, „Tagesthemen“ sowie der Unternehmensberatung McKinsey und der Lufthansa-Marketingabteilung war er zur Werbebranche gekommen.

1990 gehörte Heilmann zu den Gründern der Werbeagentur Delta-Design, die 1991 in der Agentur Scholz & Friends aufging. Sie gehört zu den wichtigsten Agenturen der Branche. Mehr als zehn Jahre lang leitete Heilmann ihre Berliner Niederlassung. Von 2001 bis 2008 war er gemeinsam mit Sebastian Turner Vorstandsvorsitzender der gesamten europäischen Agenturgruppe. Heilmann galt dabei als Stratege, Turner als kreativer Kopf der Agentur.

Daneben betätigte sich Heilmann in weiteren Unternehmensgruppen in den Bereichen Medien, Unternehmensbeteiligungen, Internet und Immobilien als Gesellschafter und Aufsichtsrat. Er gründete seit 1991 zahlreiche Unternehmen mit, unter anderem den Internet-Dienstleister Xing und den Multimediadienstleister Pixelpark. Bis Ende 2010 war er außerdem Gesellschafter von Facebook.

In letzter Zeit hat er sich aus dem operativen Geschäft bei seinen Unternehmen zurückgezogen. Er gilt dank seiner unternehmerischen Karriere als so wohlhabend, dass das von manchen anderen Kandidaten als gering bewertete Senatorengehalt von knapp 11 000 Euro monatlich für ihn kein Hinderungsgrund war, wie aus der Partei zu hören ist. Parteipolitisch hat sich der Quereinsteiger ohne starke Hausmacht vor allem im vergangenen Jahr profiliert. Er erarbeitete – zusammen mit Michael Braun – das CDU-Wahlprogramm und war im Wahlkampf für die Medien- und Pressestrategie verantwortlich.

Thomas Heilmann gilt als einer der intellektuellen Köpfe der Erneuerung der Partei, die sich in den vergangenen Jahren langsam von den Folgen der Bankenaffäre erholt hat. Seit März 2009 ist er stellvertretender Vorsitzender der Berliner CDU. Er gehört zum bürgerlich-liberalen Flügel der Partei, half die Berliner Union als weltoffene Großstadtpartei neu auszurichten und gilt als einer der wichtigsten Berater von Parteichef Frank Henkel. Seine Parteifreunde schätzen ihn für seine unkonventionelle, originelle Denkweise und seine manchmal verblüffenden Ideen. „Er ist noch nicht von den Parteiritualen verbraucht“, heißt es.

Vorübergehend war Heilmann, der gute Kontakte zu Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen und Bundeskanzlerin Angela Merkel hat, auch als „Internet-Sprecher“ für seine Partei tätig. Er hat mit seiner Frau Anja vier Söhne. Auf seiner Facebook-Seite zeigt sich Heilmann als Tennis- und Krimifan.

Beim Koalitionspartner wurde Heilmanns Wahl mit Wohlwollen kommentiert. „Wir begrüßen, dass die Arbeit nun aufgenommen werden kann“, sagte der SPD-Justizpolitiker Sven Kohlmeier. „Wir wünschen ihm viel Erfolg im neuen Amt.“ Auf Heilmann warte ein „Knochenjob“: Vor allem das Amt des Justizsenators erfordere viel „Basisarbeit“ in der Justizverwaltung. Die Organisation des Strafvollzugs, die Überbelegung des Gefängnisses Tegel und der Neubau der Justizvollzugsanstalt Heidering in Großbeeren sind einige der Themen, die auf Heilmann warten.

Als Verbraucherschutzsenator ist seine Aufgabe unter anderem, „mehr Transparenz im Bereich der Lebensmittelkontrollen“ zu schaffen, wie es der Koalitionsvertrag vorsieht. Für die Kombination seiner beiden Aufgabengebiete sei es im Zweifel eher von Vorteil, dass Heilmann „keine typische politische Karriere“ hat, sagte Kohlmeier.

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