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Berlin: Sitzen wie im Zoo-Palast

Drei Filmfreunde haben das Kino am Bundesplatz übernommen und berühmtes Interieur im Saal verschraubt

Es wird noch ein knappes Jahr dauern, bis der runderneuerte Zoo-Palast wiedereröffnet wird. Auf das Sitzgefühl des alten Palasts, der Ende Dezember 2010 geschlossen wurde, muss man aber nicht länger verzichten: Rund 90 der vertrauten Sessel in Altrosa laden neuerdings wieder zum bequemen Sehvergnügen ein, nunmehr am Wilmersdorfer Bundesplatz. An ihnen spürt selbst das Sitzfleisch, dass dort eine neue Kinozeit angebrochen ist.

Seit 1919 gibt es unter der Hausnummer 14 ein Kino. Es trug mal ein nahes Casino, dann den damaligen Kaiserplatz und seit 1950 den neubenannten Bundesplatz im Namen, war zuletzt das Bundesplatz-Studio und soll nun Bundesplatz-Kino heißen, auch wenn sich zum Auswechseln des Namensschildes noch keine Zeit fand. Vor drei Monaten hatte der vorherige Betreiber das alte Lichtspieltheater geschlossen und sich auf seine zweite Spielstätte, das Cosima in der nahen Sieglindestraße 10, beschränkt. Drei wagemutige Filmfreunde haben dem Kiezkino jetzt eine Wiedergeburt als Programmkino um die Ecke beschert.

Es riecht im Foyer noch immer nach frischer Farbe, einige neue Lampen müssen angeschlossen werden, und noch nicht alle Cafétische zeigen die ihnen zugedachte Collage von Fotos deutscher Filmstars wie Marlene Dietrich und Horst Buchholz. Aber das Bücherregal an der Foyerwand beginnt sich mit Filmliteratur zu füllen – eine Möglichkeit für Cineasten, vor oder nach der Vorstellung sich blätternd ein wenig fortzubilden. Und das Wichtigste: Der Kinosaal ist bis auf Kleinigkeiten fertig, mit alten Zoo-Palast-Sesseln, neuer Wandbespannung, neuen Projektoren und endlich auch einer richtigen Leinwand. Zuvor war auf die Wand projiziert worden. Auch muss niemand mehr fürchten, dass Nachzügler mit Licht und Lärm vom Bundesplatz den Filmgenuss stören. Zuvor gab es keinen abschirmenden Vorraum, auch diesen oft beklagten Mangel des Kinos haben die neuen Betreiber behoben.

Dies ist zunächst Karlheinz Opitz, Chef der Eva-Lichtspiele in der Blissestraße 18, der im Aus für das alte Studio eine Chance für eine zweite Spielstätte sah. Seine beiden Kompagnons kannte er schon lange: Martin Erlenmaier, der im Eva die deutschen Filmreihen organisiert, und Peter Latta, zuvor im Fotoarchiv der Stiftung Deutsche Kinemathek tätig, nun offiziell Rentner, aber keineswegs im Ruhestand.

Natürlich muss sich das Kino rechnen, aber vor allem eint die drei doch die Liebe zu Filmen, die das Programm wie auch den Stil des Hauses prägt. Im Mittelpunkt stehen wie im alten Studio Arthouse-Filme, nach ihrer ersten Auswertung in den Premierenkinos, doch möglichst nahe am Starttermin. Weiter gibt es Reihen zu wechselnden Themen, jeweils mit kurzer Einführung zum Film. Derzeit läuft immer montags um 15.45 Uhr „Deutsches Kino der 50er“ aus West und Ost, etwa „Nachts, wenn der Teufel kam“ (12. Dezember). Sonntags um 11 Uhr zur Matinee gibt es „Berlin-Filme“, darunter „Solo Sunny“ (4. Dezember) und „Engel aus Eisen“ (11. Dezember). Einmal im Monat stellen die Stiftung deutsche Kinemathek und andere Institutionen  ihre Schätze vor, und auch die Kinderfilme am Wochenende werden fortgesetzt.

Bundesplatz-Kino, Bundesplatz 14 in Wilmersdorf, Tel. 8540 6085

 Andreas Conrad

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