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Stadtentwicklungssenator Michael Müller macht derzeit viel Werbung für sich im SPD-internen Wettstreit. Zu viel Werbung, finden die Grünen.

© Mike Wolff

SPD-interner Wahlkampf: Stadtentwicklungssenator Michael Müller in der Kritik

Eine Anzeigenkampagne für den Senator verwundert nicht nur in der SPD – die Grünen üben Kritik.

Von
  • Ulrich Zawatka-Gerlach
  • Sabine Beikler

Eine mehrseitige Anzeigenbeilage unter dem Titel „Berlin baut“ in der „Berliner Zeitung“ und der „Berliner Morgenpost“, die jeweils am Wochenende erschien, irritiert die Grünen. In der Beilage ist neben einem Interview mit Stadtentwicklungssenator Michael Müller eine Kurzbiographie des SPD-Politikers abgedruckt, die mit dem Zusatz endet: „Zurzeit kandidiert er als Nachfolger von Klaus Wowereit für das Amt des Regierenden Bürgermeisters“. Für die Grünen-Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus, Antje Kapek, „entsteht dadurch der Eindruck, als ob es eine Verquickung zwischen Müllers innerparteilicher Kandidatur und einer Werbung für ihn als Kandidat gibt, die durch die öffentliche und private Bauwirtschaft gesponsert wird“.

Ausriss aus der Beilage.

© Repro: Tsp

Das könne ein „Geschmäckle haben“, sagt Kapek. Die Grünen haben deshalb eine parlamentarische Anfrage an den Senat gestellt. In der Zeitungsbeilage stellen sich unter anderem alle sechs städtischen Wohnungsbaugesellschaften vor. Grünen-Politiker Dirk Behrendt möchte wissen, ob sich diese Unternehmen an der Anzeige beteiligt haben, „in der ausdrücklich auf die Kandidatur von Michael Müller verwiesen wird“. Er fragt außerdem, ob der Senat es „mit dem Unternehmenszweck der städtischen Wohnungsbaugesellschaft für vereinbar hält, dass Partei für einen Bewerber ergriffen wird“. Der Grüne will auch wissen, welche der „privaten Financiers der Werbung“ regelmäßig Aufträge der Stadtentwicklungsverwaltung erhalten. Behrendt versteht nicht, warum diese Anzeige während des Kandidatenrennens geschaltet wurde „und nicht nach dem Ende des SPD-Mitgliederentscheids“.

"Wir haben uns nichts zuschulden kommen lassen"

Die Sprecherin der Stadtentwicklungsbehörde, Daniela Augenstein, sieht keinen Anlass zur Kritik. „Wir haben uns nichts zuschulden kommen lassen.“ Die Beilage sei schon im Januar gebucht worden und in ähnlicher Form bereits im März erschienen. Lange vor der Rücktrittsankündigung des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit und dem SPD-Mitgliedervotum für die Auswahl eines Nachfolgers. Im Rahmen der beiden großen europäischen Immobilienmessen, MIPIM in Cannes und Expo Real in München, gebe es „immer wieder solche Zeitungsbeilagen“, sagte Augenstein am Dienstag. In der jüngsten achtseitigen Beilage gibt es allerdings keinen redaktionellen Hinweis auf die Messen.

SPD-Mitgliedervotum: Die Hälfte hat schon abgestimmt

Dass Stadtentwicklungssenator Müller in den Beilagen nicht nur ein Interview zu seinen wohnungsbaupolitischen Vorstellungen gibt, sondern auch in einem kurz gefassten Lebenslauf seine innerparteiliche Kandidatur für die Wowereit-Nachfolge erwähnt wird, hält seine Sprecherin „für nicht vermeidbar, so geht es ja allen drei Kandidaten in diesen Tagen“. Außerdem habe nicht die Pressestelle des Senators diesen Hinweis formuliert. Redaktionell verantwortlich für die Beilage ist die Werbeagentur Runze & Casper. Sie managt die Öffentlichkeitsarbeit für die Messe MIPIM seit 1994 und für die Expo Real seit 2000.

Wahlbeeinflussung durch Öffentlichkeitsarbeit ist unzulässig

Von 1995 bis August 2013 arbeitete der SPD-Politiker Robert Drewnicki bei Runze & Casper als Abteilungsleiter. Er ist Vorsitzender des SPD-Ortsverbands Neu-Westend und ist seit einem Jahr in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung für Müller als Kommunikations-Berater tätig. Mit den Immobilien-Messen und der damit verbundenen Öffentlichkeitsarbeit sei Drewnicki ausdrücklich nicht befasst, sagte Augenstein.

Im Geschäftsführenden SPD-Landesvorstand wurde am Montag über die Beilage gesprochen. Parteichef Jan Stöß und Fraktionschef Raed Saleh, die innerparteilichen Konkurrenten Müllers, äußerten sich zum Thema öffentlich nicht. In Wahlkämpfen gilt für Regierungsbehörden ein striktes Neutralitätsgebot. Staatliche Wahlbeeinflussung durch Öffentlichkeitsarbeit ist laut Bundesverfassungsgericht unzulässig. In Berlin findet derzeit aber nur ein SPD-interner Wahlkampf statt.

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