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Berlin: SPD vs. SPD: „Das ist kein Dorfflughafen!“

Die Berliner SPD ist überrascht und höchst verärgert über das, was ihre Genossen jenseits der Stadtgrenze mit dem Großflughafen BER anstellen. „Wir brauchen einen Hauptstadt-Airport und keinen Dorfflughafen“, kritisierte der SPD-Fraktionschef Raed Saleh die Initiative des brandenburgischen Parteifreunds Matthias Platzeck für ein striktes Nachtflugverbot.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Berliner SPD ist überrascht und höchst verärgert über das, was ihre Genossen jenseits der Stadtgrenze mit dem Großflughafen BER anstellen. „Wir brauchen einen Hauptstadt-Airport und keinen Dorfflughafen“, kritisierte der SPD-Fraktionschef Raed Saleh die Initiative des brandenburgischen Parteifreunds Matthias Platzeck für ein striktes Nachtflugverbot. An der Notwendigkeit eines leistungsfähigen Flughafens für Ostdeutschland habe sich nichts geändert.

Der SPD-Landeschef Jan Stöß erinnerte daran, dass der Flughafen BER beim Lärmschutz bereits jetzt, also ohne ein solches Nachtflugverbot, „bundesweit Maßstäbe setzt“. Beim Flughafen Tegel hätten die Menschen seit Jahrzehnten ohne ein so ehrgeiziges Lärmschutzprogramm leben müssen. „Wir sind sehr gespannt, wie nachdrücklich Brandenburg die Kursänderung beim Nachtflugverbot in den angekündigten Gesprächen mit den Gesellschaftern Bund und Berlin vertreten wird“, sagte Stöß am Mittwoch.

Die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus hatte am Dienstagabend eine Stunde lang über das Thema diskutiert und dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) einhellig den Rücken gestärkt. Was längst nicht mehr selbstverständlich ist. Wowereit hatte, wie berichtet, auf den Vorstoß des brandenburgischen Ministerpräsidenten und Flughafen-Aufsichtsratschefs empört reagiert. Auch die Fachleute der Berliner SPD verstanden die Welt nicht mehr.

Der SPD-Wirtschaftsexperte Frank Jahnke warf der rot-roten Regierung in Potsdam vor, „aus inneren Zwängen heraus ein Projekt infrage zu stellen, dass für die Hauptstadtregion von entscheidender Bedeutung ist“. Brandenburg verlasse die gemeinsame Linie der Flughafeneigentümer Berlin, Brandenburg und Bund. Der Konsens sei aufgekündigt.

„Für uns ist die Forderung Brandenburgs überhaupt nicht nachvollziehbar“, schimpfte der sozialdemokratische Umweltexperte Daniel Buchholz. „Dann hätten wir uns die Milliarden Euro für BER gleich sparen können.“ Fluglärm sei wirklich keine schöne Sache, erst recht nicht am Stadtrand, aber dieses Problem sei nun mal die Folge einer verfehlten, jetzt nicht mehr korrigierbaren Standortentscheidung für Schönefeld in den neunziger Jahren. Auch deshalb sei für den Flughafen ein sehr weitgehender Lärmschutz vereinbart worden. Und in den Randzeiten 22 bis 24 Uhr und 5 bis 6 Uhr dürfe nur mit Ausnahmegenehmigung aus triftigem Grund geflogen werden.

Auch der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Ole Kreins, hält ein Nachtflugverbot zwischen 22 Uhr und 6 Uhr für illusorisch. Dies sei ein Anliegen der unmittelbar betroffenen Umlandgemeinden. „Schon in der Uckermark und der Priegnitz sieht man das anders.“ Viel wichtiger sei es, das vereinbarte Schallschutzprogramm trotz der Verzögerung des Flughafenbaus zügig umzusetzen, forderte Kreins. Außerdem sollte „mit Daten und Fakten nachgewiesen werden, dass der Airport ohne die Randzeiten nicht wirtschaftlich geführt werden kann“. Ulrich Zawatka-Gerlach

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