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Berater Carsten Kollmeier (l.) und Museumsdirektor Joachim Thomas stehen vor dem Spy Museum Berlin am Leipziger Platz. Das Museum mit zahlreichen Exponaten rund um das Thema Spionage und Geheimdienste eröffnet am 19.09.2015.

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Spy Museum in Mitte: Berlin 007: Haben Sie das Zeug zum Agenten?

Im Spy Museum gibt’s die Antwort, am Sonnabend öffnet es. Am Leipziger Platz gibt es Spionage zu sehen. Mittendrin: der Ex-Chef vom Olympiastadion.

Graue Wände, giftgrünes Licht, kühles Design, und an der Wand ein Dutzend Kameras. Von einer Bildschirmwand schaut die Maske des Hacker-Kollektivs „Anonymous“ herab. Das Bild daneben zeigt einen Ort irgendwo auf der Welt, aufgenommen mit einer Webcam, darauf Menschen klein wie Ameisen. Kameras und Bildschirme stehen nicht in der BND-Zentrale in Pullach, sondern in der Eingangshalle des neuen Spionagemuseums am Leipziger Platz. „Es gibt keinen besseren Platz für dieses Museum als die Hauptstadt der Spionage“ sagt Joachim Thomas, Geschäftsführer des Museums.

Zehn Jahre hat es gedauert, bis die Idee sich in die Tat umsetzen ließ. Jetzt können Besucher auf 3000 Quadratmetern in die geheime Welt der Spionage eintauchen. Von der Antike über zwei Weltkriege und die Spionageaktivität im Kalten Krieg geht die Reise bis zu den Whistleblowern der Gegenwart, wie Wikileaks und Edward Snowden. „Wir haben nicht nur James Bond“, sagt Museumschef Thomas. Er ist in Berlin gut vernetzt, war er doch zuletzt Manager des Berliner Olympiastadions und musste dann nach einigen Vorwürfen gehen.

Gruseliges grünes Licht

Auch, wenn Agent 007 mit einer großen Leihgabensammlung und einen eigenen Bereich vertreten ist, gibt es im einzigen Spionagemuseum Deutschlands noch mehr zu entdecken. Durch Glastüren und vorbei an futuristischen Touchpanels geht es ins Reich der Geheimoperationen. Wussten Sie zum Beispiel, dass die erste „Drohne“ im Ersten Weltkrieg eingesetzt wurde? In Form einer Taube, inklusive Kamera und Fallschirm. Woanders erfährt man alles über „honey traps“, Honigfallen, Agenten, die die Zielperson umgarnen sollen, so wie in fast jedem James-Bond-Film.

Unter gruselig grünem Licht geht es in einem anderen Raum um Giftanschläge durch Geheimagenten, etwa auf den ukrainischen Politiker Wiktor Juschtschenko . In der Abteilung für Verschlüsselung kann der Besucher testen, wie sicher das eigene Passwort eigentlich ist. Gibt man es in einen Bildschirm ein, wird angegeben, wie lange das Museum mit der dort vorhandenen Rechnerleistung bräuchte, um es zu knacken. Durchschnittlich sind es drei bis fünf Minuten. Wer mag, kann auch versuchen Nachrichten selbst zu ver- und entschlüsseln.

Ein Trabant mit eingebauter Infrarot-Kamera steht neben verschiedenen Vitrinen am 16.09.2015 im Spy Museum Berlin am Leipziger Platz. Das Museum mit zahlreichen Exponaten rund um das Thema Spionage und Geheimdienste eröffnet am 19.09.2015.
Ein Trabant mit eingebauter Infrarot-Kamera steht neben verschiedenen Vitrinen am 16.09.2015 im Spy Museum Berlin am Leipziger Platz. Das Museum mit zahlreichen Exponaten rund um das Thema Spionage und Geheimdienste eröffnet am 19.09.2015.

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Das Spielerische und Multimediale ist eine große Stärke des Museums. „Wir erwarten auch einen großen Teil junger, technikaffiner Besucher“, sagt Thomas. Verantwortlich für die multimediale Umsetzung war Ars Electronica Solutions aus Österreich, die sich seit 36 Jahren mit dem Einfluss von Technik auf die Gesellschaft beschäftigen. Dank dieser Kooperation gibt es viel anzufassen, zu klicken und zu hören, in der giftgrünen Welt der Geheimagenten. 55.000 Datenkabel wurden dafür verlegt, 200 Touchscreens verbaut und an einer Station gibt es sogar zwei Oculus Rift, Headsets zum Eintauchen in die virtuelle Realität.

Für alle „Mission-Impossible“-Fans lockt ein Laserparcours mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden, durch den der Besucher kriechen, springen und krabbeln kann. Ob es zum Agenten reicht? Mit einer Wärmebildkamera können die Zuschauer draußen alles beobachten. Das Motiv von Beobachtung und Beobachtetwerden zieht sich durch die ganze Ausstellung: Wir sind alle Spione und gleichzeitig Ausspionierte. Politisch ein schwieriges Thema. Auch deshalb legt man im Spy Museum Wert auf größtmögliche Objektivität. „Wir arbeiten rein dokumentarisch-wissenschaftlich“, sagt Kurator Franz Günther Michael.

Berlin, Stadt der Spione - nicht nur am Teufelsberg

Der einzige subjektive Teil der Ausstellung sind die Interviews der Zeitzeugen, darunter ehemalige Topspione. Bei allen anderen Exponaten „liegt die Wertung im Auge des Betrachters“, so Thomas. Vielleicht ist die politische Brisanz von Spionage und Überwachung auch ein Grund, warum ein Spy Museum nicht unter staatlicher, sondern privatwirtschaftlicher Führung entstanden ist. Initiator und Betreiber ist Carsten Kollmeier, bereits Geschäftsführer des Salvador-Dalí-Museums nebenan. Mit dem Spy Museum hat er Großes vor. „Unser Ziel ist es, unter die Top Ten der Berliner Museen zu kommen“, sagt Kollmeier. Knapp 500.000 Besucher jährlich wären nötig, um in diese Region vorzustoßen. Bei der Frage, welche Investoren das Spy Museum unterstützen, lässt Kollmeier sich nicht in die Karten schauen. Nur so viel: „Wir werden durch keinen unserer Partner in unserer Unabhängigkeit eingeschränkt“.

Das Spy Museum in Berlin ist eines von nun drei Spionagemuseen weltweit. Von den anderen Museen im finnischen Tampere und in Washington kann es sich vor allem mit der Gegenwartsabteilung abheben. Im Erdgeschoss dreht sich alles um eine Welt nach Snowden. Sind versteckte Mikrofone noch gut zu verstehen, sind Big Data und digitale Überwachung es schon weniger. Das Spy Museum versucht es unter anderem mit einer Hacking-Station, an der Ars Electronica die Website von „Visit Berlin“ gehackt und alle Grafiken durch Katzenvideos ersetzt hat. Am beeindruckendsten ist aber eine der alten Abhörstation Teufelsberg nachempfundene Kammer. Wer sich dort hineinstellt, kann mit seinen Körperbewegungen den Bildschirm und die Datenströme darauf steuern und erfährt so mehr rund um Big Data. Das alles funktioniert über eine Kinetik-Kamera, wie sie auch in Spielkonsolen steckt. Natürlich kann man auch hierbei von draußen beobachtet werden. Gemäß des Mottos des Museums: Ich sehe was, was du nicht siehst. „Aufgenommen wird aber im Museum nichts“, sagt Thomas. „Wir achten den Datenschutz.“

Eröffnung des Spy Museum (Leipziger Platz 9, Mitte) am Sonnabend, 10 Uhr. Die ersten 50 Besucher erhalten freien Eintritt

Pascale Müller

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